Das Berner Staatsarchiv verwaltet das Kulturgut des Kantons Bern. 30 Kilometer Akten lagern dort zu tausenden Gerichtsfällen. Es sind Dokumente zu Verbrechen aller Art – vom Velodiebstahl bis zu Mord und Totschlag – und Fotos, die an spektakuläre Polizeieinsätze erinnern. Darunter sind aber auch Fälle von Leuten, die es aus heutiger Sicht zu Unrecht mit der Justiz zu tun bekamen. An der Berner Museumsnacht gewährt das Staatsarchiv einen Einblick in ausserordentliche Kriminalfälle. Darunter diese fünf:
1. Das tragische Schicksal der «Kindsmörderin» Anna Maria Flückiger
Anna Maria Flückiger wächst in Wynigen im Emmental in armen Verhältnissen auf. Sie wird mehrmals vergewaltigt, treibt ab und wird zum Tod verurteilt, zunächst jedoch begnadigt. Im Gefängnis gehen die Vergewaltigungen weiter, und Anna Maria Flückiger will nur noch eines – sterben. Sie ermordet das neugeborene Kind ihrer Zellennachbarin und erhält erneut das Todesurteil. Im Jahr 1847 wird die noch nicht 21-Jährige in Bern durch das Schwert hingerichtet.
2. Die Verhaftung von Benito Mussolini
Im Jahr 1902 reist der knapp 20-jährige Lehrer Benito Mussolini bei Chiasso in die Schweiz ein, um Arbeit zu finden. Als Sekretär der Lausanner Maurergewerkschaft kommt er ein Jahr später nach Bern, dabei wird er auf Schritt und Tritt überwacht. Am 18. Juni 1903 wird er unter dem Vorwand, seinen Ausweis überprüfen zu lassen, auf die Polizeiwache bestellt. Dort wird er verhaftet und verhört – und eine Woche später mangels Beweise frei gelassen. Die Berner Autoritäten verhängen über den späteren italienischen Diktator ein lebenslängliches Einreiseverbot.
3. Die Grossfahndung nach Mörder Jenni
Am 26. Oktober 1950 erhält die Polizei den Auftrag, den 32-jährigen Bäcker und Hilfsarbeiter Jakob Jenni wegen Geisteskrankheit zuhause in Oberdiessbach abzuholen und in eine Heilanstalt zu bringen. Der Betroffene setzt sich zur Wehr und verletzt einen Landjäger tödlich. Jenni flüchtet mit dem Fahrrad. Die Polizei leitet eine Grossfahndung ein – mit Spürhunden, tragbaren Vox-Telefongeräten und Maschinenpistolen. Die Beamten spüren Jenni noch am gleichen Abend auf.
4. Die Besetzung der rumänischen Botschaft
In der Nacht vom 14. auf den 15. Februar 1955 besetzen Mitglieder der Rumänischen Nationalen Widerstandsaktion die rumänische Botschaft in Bern. Sie fordern die Freilassung von fünf in Rumänien inhaftierten Personen. Der Botschaftschauffeur wird bei der Aktion erschossen. Nach Vermittlungen durch einen katholischen Geistlichen ergeben sich die Besetzer der Polizei ohne weiteres Blutvergiessen.
5. Die Verhaftung von zwei RAF-Terroristen in Delsberg
Im Dezember 1977 kommt es am Zollposten in Delsberg, das damals noch zum Kanton Bern gehört, zu einem Schusswechsel. Zwei Zollbeamte werden schwer verletzt. Die Polizei nimmt ein Paar fest: Es handelte sich um Gabriele Kröcher-Tiedemann und Christian Möller, Mitglieder der linksextremistischen Terrororganisation Rote Armee Fraktion (RAF). Der Prozess gegen das Paar findet 1978 in Pruntrut unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen statt.