Er sei zu Unrecht im Gefängnis gewesen, sagte Rudolf Elmer während der Befragung durch den Richter. Und in einer längeren ersten Stellungnahme meinte er, es hätte gar kein Strafverfahren gegen ihn eröffnet werden dürfen. Es habe sich gar nicht um Bankdaten gehandelt, die er weitergeben haben soll. Die Daten hätten nicht von Kunden der Bank Julius Bär, sondern von der Julius Baer & Trust Company Ltd auf den Cayman Islands gestammt. Das sei eine Treuhandgesellschaft, keine Bank.
«Der Begriff Bankdaten ist irreführend», sagte Elmer. Das sei die triviale Ausgangslage. «Es hätte gar nie zu einem Verfahren wegen Verletzung des Schweizer Bankgeheimnisses kommen dürfen.» Der Schaden, den er erlitten habe, sei immens, sagte der 60-Jährige. Er habe den sozialen Tod erlitten. Seit zehn Jahren finde er keine Arbeit, womit ihm Einnahmen im Umfang von konservativ geschätzten zwei Millionen entgangen seien. Vor Gericht forderte er deshalb eine angemessene Genugtuung.
Das ist Psychoterror durch die Staatsanwaltschaft.
Das Strafverfahren bezeichnete Elmer als «dubios» und sprach von «Psychoterror durch die Staatsanwaltschaft». Während seiner Zeit hinter Gitter von Januar bis Juli 2011 habe er seine Tochter nur einmal wöchentlich für eine Stunde durch eine Scheibe hindurch sehen können. Der Druck der vergangenen Jahre habe zu bleibenden gesundheitlichen Schäden geführt, sowohl psychischen als auch physischen.
Zwei verschiedene Verhandlungen
Vor Obergericht werden zwei Berufungsverhandlungen geführt. Bei der ersten wird Elmer insbesondere vorgeworfen, geheime Bankdaten an verschiedene Steuerämter und an Medien zugestellt zu haben. Es ist die Fortsetzung eines Berufungsprozesses von 2011. Damals wies das Obergericht die Anklageschrift nach der Befragung und den Plädoyers an die Staatsanwaltschaft zurück. Diese sollte die Anklage präzisieren und ergänzen.
Im zweiten Berufungsverfahren wird Elmer vorgeworfen, im Januar 2008 Bankdaten an die damals noch unbekannte Enthüllungsplattform WikiLeaks geliefert zu haben. Zudem hat der Ex-Banker im Januar 2011 in London an einer vielbeachteten Medienkonferenz dem WikiLeaks-Gründer Julian Assange zwei Daten-CDs übergeben.
Schweizer Bank oder nicht?
Am ersten Verhandlungstag vor Obergericht plädierte Elmers Verteidigerin über zweienhalb Stunden lang für einen Freispruch. Ihr Mandant habe nicht für eine Schweizer Bank, sondern für eine auf den Cayman Islands beheimatete Tochtergesellschaft gearbeitet. Er könne deshalb gar nicht das schweizerische Bankgeheimnis verletzt haben.
Ein Bezug zur Schweiz bestehe sehr wohl, meinte dagegen der Staatsanwalt in seinem Plädoyer. Rudolf Elmer habe Schweizer Bankdaten verraten, weil er sich bei der Bank Bär für seine Entlassung habe rächen wollen. Er forderte deshalb für Elmer wegen mehrfacher Verletzung des Bankgeheimnisses Freiheitsstrafen von einem Jahr im ersten und dreieinhalb Jahren im zweiten Fall. Zudem soll ihm ein Berufsverbot auferlegt werden.
Das Gericht braucht Zeit
Die juristische Bewertung des Sachverhaltes scheint auch für das Gericht nicht ganz einfach zu sein. Es zog sich nach dem zweiten Verhandlungstag zu einer längeren Beratung zurück. Das Urteil soll «irgendwann im Juli» eröffnet werden.
Im Januar 2015 hatte Rudolf Elmer vor dem Zürcher Bezirksgericht einen Teilerfolg erzielt. Der Staatsanwalt forderte damals eine Freiheitsstrafe von dreieinhalb Jahren. Elmer wurde von der ersten Instanz aber in verschiedenen Punkten freigesprochen und erhielt nur eine bedingte Geldstrafe. Dennoch focht Elmer das Urteil an.