Der Kampf gegen den EWR war die grosse Aufgabe, die sich Christoph Blocher 1992 vorgenommen hatte. Abend für Abend trat er in Sälen im ganzen Land auf, beispielsweise im appenzellischen Heiden. «Dieser Vertrag ist einem freien Volk unwürdig. Ich bitte Sie deshalb: Haben Sie die Kraft und die Vitalität, am sechsten Dezember nein zu stimmen. Es ist zum Wohle unseres Landes», sagte er dort – und wurde von lautem Applaus begleitet.
Blocher traf den Nerv der Mehrheit. Mit gut 20'000 Stimmen Unterschied sagte das Stimmvolk Nein zum EWR-Beitritt. Es war Blochers grösster Triumph und die für ihn bis heute «wichtigste Abstimmung des 20. Jahrhunderts».
Das begründet er so: «Wir haben den Sonderfall Schweiz gerettet. Das einzige Land der Welt, in dem die Bürgerinnen und Bürger das Schicksal auf der Gemeinde, Kantons und Bundesebene bestimmen. Deshalb geht es der Schweiz so viel besser. Es ist für mich eine grosse Befriedigung, dass dieser Weg behalten wurde.»
Ein Teil der Bevölkerung hat sich in der etablierten Parteienlandschaft nirgends zuhause gefühlt.
Siegeszug der SVP
Innenpolitisch war das Nein zum EWR der Auftakt zum sagenhaften Aufstieg der SVP. Die Partei positionierte sich rechts vom Freisinn. Ein Erfolgsrezept. Innert 20 Jahren stieg die SVP von einer 10-Prozent-Partei zu einer 30-Prozent-Partei auf.
Politgeograf Michael Hermann erklärt den Erfolg so: Mit seiner wirtschaftlichen Öffnungspolitik habe der Bundesrat vielen Bürgern Angst gemacht. «Ein Teil der Bevölkerung hat sich dagegengestellt und sich in der etablierten Parteienlandschaft nirgends zuhause gefühlt. Es war die Chance der neuen SVP in dieses Marktsegment zu preschen und das heimatlose konservative Segment abzuholen», sagt Hermann.
Ein Ende des Wachstums?
Der Aufstieg der SVP habe viel mit der Schwäche der anderen Parteien zu tun. Diese seien durch den Erfolg der SVP eingeschüchtert gewesen. Die grösste politische Wirkung habe die SVP in den Köpfen der anderen erzielt: «Andere hatten Angst vor dem Verdikt des Volkes. Das hat das Denken geprägt. Der Mut ist verflogen, weil die Angst vor der Dominanz und der Macht der SVP die Politik verändert hat.»
Stärker werden bedeutet auch, die Meinung zu verbreitern. Dann hat man kein Profil mehr.
So war die EWR-Abstimmung ein Glücksfall für die SVP: Sie trat aus dem Chor der bürgerlichen Parteien aus und begann die Politik als Solistin zu dominieren. Heute sieht Christoph Blocher den Wachstumskurs der SVP aber am Ende: «Ich habe immer gesagt, wir sollen nicht stärker werden. Stärker werden bedeutet auch, die Meinung zu verbreitern. Dann hat man kein Profil mehr.»