3.7 Milliarden Franken Prämien zahlen die Versicherten jährlich an Krankenkassen und Versicherungen dafür, dass sie in Spitälern halb- oder ganzprivat behandelt werden. Zumindest einem Teil dieser 3.7 Milliarden steht aber keine effektiv erbrachte Leistung gegenüber.
Zu diesem Schluss kommt die Finanzmarktaufsicht (Finma) nach breit angelegten Vorort-Kontrollen in diesem Jahr: Da werden Leistungen doppelt in Rechnung gestellt, Rechnungen liegen über den effektiven Kosten, bis zu 40 Ärzte machen in einer einzigen Abrechnung Honorare geltend, ohne zu begründen, wofür. Bei identischen Operationen werden der Zusatzversicherung einmal 1500 Franken, einmal 25'000 Franken belastet.
Die Finma geht aufgrund ihrer Analysen für den Gesamtmarkt von einem signifikanten Betrag aus, der den Prämienzahlern einfach nicht belastet werden darf.
Der Sprecher der Finma, Tobias Lux, sagt, der Handlungsbedarf sei dringend: «Wir erwarten von den Versicherern, dass sie nur für Leistungen aufkommen, die wegen Mehrleistungen gerechtfertigt sind – die also über die Grundversicherung hinausgehen und preislich in dieser Form begründbar sind.»
Wie hoch die Summe ist, für die heute keine klaren Abrechnungen vorliegen, kann Lux noch nicht sagen. Die Finma gehe dem jetzt nach. «Aber das Ausmass ist sicher nicht trivial. Die Finma geht aufgrund ihrer Analysen für den Gesamtmarkt von einem signifikanten Betrag aus, der den Prämienzahlern einfach nicht belastet werden darf.»
Beim Schweizerischen Versicherungsverband nimmt man die Kritik zur Kenntnis. Sprecherin Sabine Alder sagt: «Die Thematik ist branchenweit bekannt und die Krankenzusatzversicherer haben Massnahmen ergriffen.»
Abrechnungsmodell soll schuld sein
Wieso aber haben die Zusatzversicherer die Rechnungen von Spitälern und Belegärzten in der Vergangenheit nicht besser kontrolliert? «Damit sie ihre Kontrollaufgaben wahrnehmen können, müssen die Rechnungen transparent sein. Aus diesem Grund wird das bisherige ‹Vollkostenmodell› für die Kostenabrechnungen von transparenten Mehrleistungsmodellen abgelöst», sagt Alder.
Bei den Privatkliniken Schweiz reagiert man leicht verschnupft auf die Tatsache, dass die Finma die Kritik öffentlich übt. In der Sache aber sei die Botschaft der Finma klar, sagt auch Guido Schommer, Generalsekretär der Privatkliniken Schweiz: «Das wird nicht ohne Konsequenzen bleiben, dem sind sich alle bewusst. Von uns her ist klar: Mehrleistungen sollen transparent ausgewiesen werden können.»
Dieser Anspruch sei legitim, so Schommer weiter. «Von der Versichererseite wird mehr Druck in diese Richtung kommen.» Mehr Druck von Seiten der Versicherungen auf Spitäler und Belegärzte, Verträge so auszugestalten, dass transparente Rechnungen geschrieben werden können.
Nun muss die Politik tätig werden. Es geht nicht, dass man die Zusatzversicherer weiter wursteln lässt.
Eigentlich etwas, das selbstverständlich sein sollte, kritisiert die Geschäftsführerin der Stiftung für Konsumentenschutz, Sara Stalder. Ihre Stiftung kritisiert die Spitalzusatzversicherungen schon seit Längerem als reine Geldmaschinen. «Die Finma-Analyse hat eine Tragweite hervorgebracht, die man so nicht erwarten konnte. Nun muss die Politik tätig werden. Es geht nicht, dass man die Zusatzversicherer weiter wursteln lässt.»
Die Stiftung für Konsumentenschutz fordert, dass die Versicherten, die jahrelang zu hohe Prämien für die Spitalzusatzversicherungen bezahlt hätten, entschädigt würden und die Prämien nun gesenkt würden. Dass letzteres eintreffen wird – darüber wird auch die Finma als Aufsichtsorgan der Zusatzversicherer wachen.