Der Dalai Lama hat bei seinem Besuch in Basel eine Medienkonferenz abgehalten. Kriege im Namen der Religion seien schwer zu ertragen, sagte er. Jungen Menschen fehle heute teilweise das Mitgefühl - und Kinder sollten früh Moral und Ethik lernen.
Das geistliche Oberhaupt der Tibeter weilt zum zweiten Mal in Basel. Für die buddhistischen Rituale in der St. Jakobshalle vom Wochenende hatten sich rund 7600 Personen angemeldet. Vor seinem Hotel an der Schifflände versammelten sich wie bereits am Vorabend bei seiner Ankunft einige Dutzend Anhänger mit Fahnen und Trommeln.
Egoisten auch unter den Gläubigen
Der Friedensnobelpreisträger von 1989 hat sich seit 2011 ganz aus der Politik zurückgezogen, um sich religiösen und philosophischen Fragen zuzuwenden, wie er vor den Medien ausführte. Er relativierte die Bedeutung von Ländern oder Kontinenten; alles hänge zusammen. Für Umweltprobleme wie die Erderwärmung trügen alle Mitverantwortung.
Toleranz und Respekt seien zentral. Angesichts der gegenwärtigen Krisen denke er, dass es der jüngeren Generation an persönlichem Mitgefühl fehle. Es brauche noch viel Aufklärung.
Prunk-Bischof angeprangert
Auf das Missionieren durch die Bildung angesprochen, sagte der Dalai Lama, das Bildungssystem sei heute zu sehr auf materielle Werte ausgerichtet. Moral und Ethik müssten für alle wieder wichtig werden. Das sollten Kinder stufengerecht schon ab dem Kindergarten lernen.
Eine Milliarde Menschen bezeichne sich als nicht gläubig, doch unter den sechs Milliarden Gläubigen gebe es auch «Korrupte», die eigene Interessen verfolgten – als Beispiel nannte der Dalai Lama den Prunk-Bischof von Limburg. Eigene Überzeugungen müsse man immer hinterfragen und argumentieren, dürfe also niemandem einfach blind folgen.
Proteste für und gegen den Dalai Lama
Kritiker von der Shugden-Bewegung, die vor der Halle demonstrierten, werfen indes dem Dalai Lama Unterdrückung ihrer Glaubensrichtung vor. Sie seien auch nicht von China gesteuert, teilten sie per Communiqué mit. Tibet wird von China als Teil des eigenen Landes betrachtet und seit 1950 von Peking mit eiserner Hand regiert.
Der Dalai Lama stellte die Shugden-Anhänger als Fehlgeleitete dar, die von Buddhas Gedanken weit entfernt seien. Ihre Kritik sei ungerechtfertigt; Buddha zwinge niemanden, ihm zu folgen. Er selber begrüsse übrigens die Meinungsfreiheit in der Schweiz, sagte er lachend.
Auf Anfrage schätzte die Polizei die Zahl der Kundgebungsteilnehmer auf gegen 500 Personen – dieselbe Zahl nannte auch eine Shugden-Pressesprecherin. Weitere gegen 300 Dalai Lama-Anhänger protestierten dort wiederum gegen die Gegner. Laut Polizei verlief alles friedlich.
Der Dalai Lama war schon mehrmals in der Schweiz, so 2013 in Bern. Basel besuchte er erstmals 2001 während einer grossen Tibet-Ausstellung im Basler Museum der Kulturen.
Korrektur
Die Meldung «Dalai Lama in Basel: Kinder sollen Ethik lernen, nicht Religion» vom Samstag, 7. Februar, enthielt in einer ersten Version ungenaue Übersetzungen. Der Dalai Lama plädierte nicht generell gegen Ethik- anstatt Religionsunterricht, sondern dafür, Ethik altersstufengerecht an der Schule zu behandeln. Und zwar als akademisches Thema, «nicht als religiöses Thema».(sda) |