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Schweiz «Eine offensichtlich politisch motivierte Hetzjagd»

Die Schlagzeilen um die Steueroptimierung der Ammann-Gruppe lassen Bundesrat Johann Schneider-Ammann nicht kalt. Angriffe, die auf Vermutungen basieren und zu einer Hetzjagd werden, stören den Wirtschaftsminister. «Ich bleibe dabei: Mein Unternehmen und ich selbst, wir waren jederzeit transparent.»

Bundesrat Johann Schneider-Ammann steht unter Druck. Es steht der Vorwurf im Raum, dass sein damaliges Unternehmen, die Ammann-Gruppe, mit Briefkastenfirmen im Ausland Gelder am Fiskus vorbeigebracht hat.

Man sieht es ihm an und er gibt es auch zu: Die Diskussion der letzten Tage lässt ihn nicht kalt. Johann Schneider-Ammann fühlt sich ungerecht behandelt, wie er Radio SRF sagt: «Was mich mittlerweile wirklich stört ist, dass Angriffe kommen, dass Vermutungen geschürt werden, und niemand muss sich rechtfertigen, woher er die Informationen hat und ob sie auch rechtliche Grundlagen haben.» Er gibt sich kämpferisch: «Ich bin nicht mehr bereit, mich treiben zu lassen, ohne eine Chance zu haben, in irgendeiner Form darauf reagieren zu können.»

Föderalistischer Knatsch zwischen den Steuerbehörden

Aber die Diskussion läuft weiter. Heute hat sich auch Thomas Remund, der Leiter der bernischen Finanzkontrolle zu Wort gemeldet. Diese kritisiert, dass sich die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) vor ein paar Monaten geweigert hatte, der Finanzkommission des Berner Kantonsparlaments zu helfen. Die Kommission wollte nämlich das Steuerkonstrukt der Ammann-Gruppe unter die Lupe nehmen.

Remund findet es unverständlich, was ihm ein Mitarbeiter der ESTV gesagt habe: «Schlussendlich hat dieser Sachverständige die Zusammenarbeit und die Unterstützung verweigert mit dem Hinweis, er bekomme kein grünes Licht von oben.»

Doch von wem dieser Druck von oben gekommen sein soll, da will sich Remund nicht auf die Äste hinauslassen. Die ESTV ihrerseits weist diese Vorwürfe deutlich zurück. Es habe keinen Druck von oben gegeben, betont ein Sprecher der ESTV gegenüber Radio SRF. Man habe sich nur an die gesetzlichen Grundlagen gehalten.

«Politische Hetzjagd»

Bundesrat Schneider-Ammann sprach das Thema auch am «Tag der FDP» in Zug an. Er betonte vor den über 1000 Mitgliedern zum Auftakt zu den nationalen Wahlen 2015: «Ich bleibe dabei: Mein Unternehmen und ich selbst, wir waren jederzeit transparent.»

Da sei es unredlich, das jetzt zu kritisieren. In der Konsequenz gehe es in dieser Diskussion nicht nur um ihn selber, sondern auch um die Frage der Rechtssicherheit, die in Frage gestellt werde. Dass auf der Grundlage vertraulicher Dokumente eine Hetzjagd mit offensichtlich politischer Motivation geführt werden könne, das gehe nicht.

«Wenn dann nicht mehr sicher ist, ob sie wissen woran sie sind, dann wird mit Sicherheit z.B. ein Unternehmer weniger Bereitschaft zeigen, Risiken einzugehen und das würde sich letztlich auch auf unseren Wohlstand auswirken.»

Nicht alles, was legal ist, ist auch legitim

Nach jetzigem Kenntnisstand könne man Schneider-Amman juristisch kaum etwas vorwerfen; er habe sich korrekt verhalten, sagt der Politologe Georg Lutz von der Universität Lausanne gegenüber Radio SRF.

«Allerdings gilt: Nicht alles, was legal ist, ist auch legitim. Es sieht in jedem Fall schon nicht so aus, dass es einfach nur Steueroptimierung war, sondern die Firma Ammann hat, wie andere übrigens auch, sehr aktiv Steuerschlupflöcher gesucht und genutzt.»

Auch wenn derzeit eine Diskussion über die Zuständigkeit bei den Steuerbehörden läuft, habe das Ganze eine politische Dimension. «Schneider-Amman war damals Nationalrat, er hat sich auch zur Finanzpolitik geäussert und ist heute Bundesrat. Er muss nun in diesem Fall hinstehen, ob es ihm passt oder nicht», meint Lutz.

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In der Schweiz habe sich der Wind inzwischen gedreht. Steuerhinterziehung war lange ein Kavaliersdelikt. Das sei aber heute weit weniger gesellschaftsfähig als noch vor einigen Jahren.

Bei Kritik, und das würden alle Kommunikationsberater sagen, sei es wesentlich, wie man damit umgehe. Und es lohne sich, offen zu kommunizieren und Transparenz zu schaffen, sagt Lutz. «Es würde sich lohnen, hinzustehen, und zu sagen, ja wir haben vielleicht Fehler gemacht – statt sich nur als Opfer politisch widerwärtiger Umstände darzustellen.»

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