Sie ist eine der Wortführerinnen für die Einheitskasse: SP-Vizepräsidentin Jacqueline Fehr. Sie sagt: Der Wettbewerb zwischen den rund 60 Krankenkassen sei nichts mehr als ein «Pseudowettbewerb». «Der einzige Wettbewerb, der herrscht, ist der um gute Risiken», sagt sie. Das heisse, dass man Kranke, die kosten, versuche loszuwerden.
«Eine Versicherung in Konkurrenz versucht, möglichst viele Bezahlende und möglichst wenig Beziehende zu haben», so Fehr. Erfolgreich seien Kassen mit jungen, gesunden Kunden. Sie könnten viel tiefere Prämien anbieten als Kassen mit älteren, teureren Versicherten. Das sei ungerecht und müsse sich ändern.
«Die Antwort auf die Probleme von heute»
«Die Menschen merken allmählich, dass die öffentliche Krankenkasse die Antwort auf die Probleme von heute ist.» Mit der öffentlichen Kasse meint Fehr die Einheitskasse. Denn dort würden pro Kanton und Versicherungsmodell alle gleich viel bezahlen.
Dem Bundesrat geht das zu weit: Es stimme zwar, dass das heutige System nicht perfekt sei, sagt Gesundheitsminister Alain Berset. Die Politik habe aber bereits reagiert und den Risikoausgleich verbessert.
Kassen mit vielen gesunden Kunden müssten künftig mehr Ausgleichszahlungen machen an Kassen mit vielen kranken Kunden. «Es gibt unterschiedliche Wege, um das System zu verbessern», erklärt er. «Der Bundesrat hat sich klar für punktuelle und gezielte Massnahmen entschieden.»
Das dauere viel zu lang und funktioniere zu schlecht, kontert Jacqueline Fehr. Gerade jetzt, da ein weiterer Prämienschub drohe, werde die Einheitskasse den Anstieg bei den Prämien dämpfen. Denn erst die Einheitskasse werde sich um effiziente und günstigere Behandlungen kümmern für teure, chronisch kranke Menschen.
Wettbewerb als Anreiz zur Kostenkontrolle
Heute tue das keine Kasse, weil sie keine solche Kunden wolle. Zudem hätte eine Einheitskasse keine Werbeausgaben und tiefere Verwaltungskosten, sagt Fehr. «Bei den Verwaltungs- und Marketingkosten gehen wir von Einsparungen von 300 bis 400 Millionen Franken aus.» Wenn man noch die Kosten für die bessere Behandlung besonders teurer Patienten rechne, komme man auf bis zu neun Prämienprozente.
Von solchen Versprechungen hält der Bundesrat nichts – im Gegenteil: Der heutige Wettbewerb helfe eher, die Kosten tief zu behalten, sagt Berset. «Mit Wettbewerb sollte es einen besseren Anreiz geben für die Kassen, die Kosten zu kontrollieren.»
Bei der Einheitskasse dagegen würden Ärzte und Spitäler in den Leitungsgremien sitzen. Sie hätten aber kein Interesse an tiefen Tarifen. Anders als Fehr sieht der Bundesrat auch kein grosses Sparpotenzial bei Werbe- und Verwaltungskosten.
Höhe der Marketingausgaben ist umstritten
Es gehe um 80 Millionen Franken pro Jahr. Das seien 0,3 Prozent der Kosten. «Damit kann man nicht wirklich die Prämien senken», so Berset. Der Gesundheitsminister argumentiert bei seinem Auftritt in Bern mit angezogener Handbremse. Das ist auch kein Wunder: Er muss gegen seine eigene Partei, die SP antreten.
Die Front gegen die Einheitskasse aber ist breit: Alle bürgerlichen Parteien und die Kantone sagen Nein. Die SP ist in den letzten elf Jahren bereits zweimal mit Volksinitiativen für eine Einheitskasse gescheitert. Beide Male hatte sie zusätzlich auch einkommensabhängige Prämien gefordert – diesmal tut sie das nicht.
Die Ausgangslage bei der Abstimmung am 28. September ist also eine neue.