Die Nervosität in den Berner Amtsstuben, die sich mit dem Media-Abkommen befassen, war im Dezember immer grösser geworden. Das Abkommen, das die Förderung von Film und Filmverleih bezweckt, drohte Ende Jahr auszulaufen.
Der Bundesrat hatte im September zwar ein Mandat verabschiedet, um mit der EU über ein neues Abkommen zu verhandeln. Doch auf EU-Seite ging es nicht vorwärts. Der zuständige Bundesrat Alain Berset musste Anfang Dezember auf eine Frage aus dem Nationalrat hin bekannt geben: «Wir sind uns des engen Zeitplans bewusst. Die EU hat allerdings bislang noch kein Verhandlungsmandat verabschiedet.»
Regeln für neue Verbreitungsformen gefordert
Und dabei ist es auch geblieben. Stattdessen hat die EU der Schweiz eine neue Forderung unterbreitet. Eine Teilnahme am Nachfolgeprogramm mit dem Namen «Kreatives Europa» gibt es nur, wenn die Schweiz die Richtlinie der EU übernimmt, die Regeln für alle audiovisuellen Dienste wie Fernsehen, Webcasts im Internet, aber auch Fernsehen auf Abruf – das sogenannte «Video on demand» – aufstellt.
Oliver Gerber von der Abteilung Medien und Post im Bundesamt für Kommunikation (Bakom) erklärt: «Die entsprechende EU-Verordnung über das Programm ‹Kreatives Europa› hat vorgesehen, dass für die Beteiligung von Nicht-EU-Mitgliedstaaten die Bedingungen der EU-Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste zu erfüllen sind.»
Diese Richtlinie listet auf 24 kleingedruckten Seiten bis ins Detail auf, welche Inhalte oder Werbeformen in audiovisuellen Diensten zulässig sind, wie europäische Sendeinhalte darin gefördert werden müssen, wie Minderjährige geschützt werden sollen und so weiter.
Weitere Verhandlungen wären nötig gewesen
Das Problem dabei: Das schweizerische Radio- und Fernsehgesetz regelt nur das herkömmliche Fernsehen. Für Webcasting oder «Video on demand» fehlen Vorschriften. Bakom-Medienjurist Gerber: «Ob die Schweiz die Bedingungen der Richtlinie erfüllt und ob allenfalls Gesetzesanpassungen nötig geworden wären, hätte erst bei den Verhandlungen geklärt werden können.»
Mit anderen Worten: Es hätte noch Monate gebraucht, bis eine Teilnahme der Schweiz am neuen Programm «Kreatives Europa» möglich geworden wäre – wenn überhaupt. Auch ohne die Volksabstimmung vom 9. Februar über die Masseneinwanderungsinitiative wäre also bei der Zusammenarbeit mit der EU im Bereich Film ein längerer Unterbruch entstanden.
Promotion von Schweizer Filmen in Europa in Gefahr
Für den Präsidenten des Dachverbandes der Schweizerischen Filmbranche Cinésuisse, SP-Nationalrat Matthias Aebischer, in jedem Fall eine unerfreuliche Situation: «Für den Schweizer Film ist dieses Loch gravierend, und auch für die Schweizer Filmkultur; also das, was hier in den Kinos passiert.»
Dieses Media-Abkommen bedeute nicht nur, dass der Schweizer Film im Ausland gut promotet werde, sondern auch, dass europäische Filme in den Schweizer Kinos häufiger gespielt werden. «Die Vielfalt leidet also ebenfalls», so Aebischer.
Der 9. Februar habe somit das Aus bedeutet für Gespräche mit der EU, die schon vorher schwierig gewesen seien.
(widb)