Im Fussball-Stadion ernteten die Greenpeace-Aktivisten Pfiffe – vom Kampagnen-Experten Daniel Graf aber gibt es Applaus: «Ich ziehe den Hut, das war kampagnentechnisch sicher eine Messlatte für viele andere Organisationen.»
Graf und seine Agentur beraten Hilfswerke und Umweltorganisationen. Für Greenpeace komme die Publizität zum richtigen Zeitpunkt, findet er: «Greenpeace hat eines der wichtigsten Themen verloren: die Atomenergie in der Schweiz. Die Atomenergie ist kein Kampffeld mehr, sondern mehr ein Thema für die Politik an den runden Tischen.» Dort spiele der Aktivismus eine kleinere Rolle.
Soziale Medien als Aufmerksamkeitsmotor
Die grosse globale Kampagne von Greenpeace – gegen Gazprom, gegen Ölbohrungen in der Arktis und für die Freilassung der verhafteten 30 Aktivisten in Russland – bringt die Organisation ins Gespräch: Zehntausendfach wurden und Bilder der Aktion im Internet und sozialen Medien herumgereicht. Und das wirkt.
«Ein Klick ist ein erster Kontakt mit einer Organisation wie Greenpeace. Einige Leute werden vielleicht nur Informationen zur Kampagne auf Facebook teilen. Aber sie haben den Namen Greenpeace schon gehört, sie wissen, das ist eine Organisation, die solche Aktionen macht», sagt Graf. Und gerade junge Leute seien die Spender von morgen. Er erwartet, dass die Aktion sich für Greenpeace auszahlt.
Höhere Marketingausgaben als andere
Die zweitgrösste Umweltorganisation hinter dem WWF war schon immer eine Meisterin des Marketings – und lässt sich dies auch etwas kosten. Greenpeace gebe viel von ihrem Budget fürs Marketing aus, sagt Martina Ziegerer. Sie ist die Geschäftsführerin der Stiftung Zewo. Diese prüft und zertifiziert Hilfswerke.
«Hilfswerke, die das Zewo-Gütesiegel haben und im Natur- und Umweltbereich tätig sind, haben im Durchschnitt elf Prozent Mittelbeschaffungskosten. Da liegt Greenpeace darüber.» Greenpeace besitze kein Zewo-Gütesiegel, und würde es wenn, dann höchstens knapp erhalten, sagt Ziegerer.
«Uns geht es nicht um das Spektakel»
Greenpeace-Kampagnenleiter Christian Engeli sieht das anders: Greenpeace Schweiz finanziere Kampagnen anderer Sektionen im Ausland mit – das sei der Grund, weshalb ein Zewo-Gütesiegel für Greenpeace Schweiz ausgeschlossen sei.
Engeli verteidigt zudem die Aktion von Basel. Sie sei mehr als ein blosser Marketing-Gag gewesen: «Uns geht es nicht um das Spektakel, es ist keine Selbstinszenierung.» Die Kampagne gegen Ölbohrungen in der Arktis sei ein auf mehrere Jahre angelegter Schwerpunkt der Umweltorganisation.
In der Schweiz ist Greenpeace jedenfalls zurück in den Schlagzeilen – und dies ausgerechnet, nachdem die Organisation mit dem Atomausstieg etwas in Vergessenheit geraten war.