- Es ist ein ungewöhnlicher Schritt: Eine SP-Sektion aus dem Kanton Schaffhausen kritisiert öffentlich die nationale Partei.
- Die Sozialdemokratische Partei bewege sich zu sehr nach links – so die Kritik aus Neuhausen.
- Mit dem offenen Brief in den «Schaffhauser Nachrichten» zeigt sich der Richtungsstreit innerhalb der SP – dieser schwelt schon lange.
- Keine Stellung nehmen wollten Parteipräsident Christian Levrat und Fraktionspräsident Roger Nordmann.
Für alle statt für wenige: Das ist der offizielle Slogan der SP Schweiz. Doch mit ihrer Politik bewege sich die SP weg von der Mitte und immer stärker in eine Minderheitsposition – das kritisiert Daniel Borer von der SP Neuhausen. «Uns stört am Kurs die zu linke Auslegung. Es besteht da eine Unzufriedenheit. Wir wollen als SP eine konsensorientierte Partei sein, die Hand bietet, mehrheitsfähige Lösungen in der Zukunft zu bieten», sagt Borer.
Uns stört am Kurs die zu linke Auslegung. Es besteht da eine Unzufriedenheit.
Und nicht radikal-linke Anliegen unterstützen – wie etwa die 99-Prozent-Initiative der Juso. Diese will Kapitalerträge viel stärker besteuern als heute und wird von der SP offiziell unterstützt. Das sei falsch, sagt Borer weiter.
Der offene Brief aus Neuhausen – einer Industriegemeinde mit rund 10'000 Einwohnern – in der die SP eine lange Tradition hat, kommt bei der SP-Spitze in Bern nicht gut an: Parteipräsident Christian Levrat und Fraktionspräsident Roger Nordmann wollten explizit nicht Stellung nehmen. Und: SP-Vizefraktionschef Cédric Wermuth sagt zum Richtungsstreit: «Das ist für die Partei bereichernd – sicher kein Problem.»
Das ist für die Partei bereichernd – sicher kein Problem.
Zudem stimme es nicht, dass sich die SP nach links bewegt habe. «Es ist inhaltlich gleichgeblieben – auch bei den Schwerpunkten und jene Positionen werden demokratisch an Delegiertenversammlungen und Parteitagen festgelegt. Damit muss man leben können. Unsere Partei lebt von der internen Demokratie», sagt Wermuth.
Die Unzufriedenheit der SP Neuhausen stösst bei der Führung also nicht auf offene Ohren, doch: Die Neuhauser sind mit ihrer Kritik nicht allein; auch der sogenannte «Reformflügel» um die Ständeräte Pascale Bruderer und Daniel Jositsch äussert sich immer wieder besorgt über die Richtung der Partei.
Unsere Partei lebt von der internen Demokratie.
Daniel Borer von der SP Neuhausen meint selbstkritisch, die Reformkräfte seien in der Vergangenheit zu passiv gewesen. Er sagt: «Das wollen wir jetzt ändern. Wir wollen hier aktiv werden und wir wollen hier mehr Konsens schaffen.»
Ein Lebenszeichen der SP-Reformer. Es müsste wohl noch lauter werden, damit es in der Parteizentrale in Bern auch ernst genommen würde.