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Ein nach Minergie-Standard gebautes EFH in der Dämmerung in Nesslau, Kanton St. Gallen, Schweiz.
Legende: Um den Energieverbrauch gemäss Standard zu erfüllen, braucht es auch das Zutun der Bewohner. Keystone

Schweiz Minergie ist, was man daraus macht

Vor über 20 Jahren sind die ersten Minergiegebäude in der Schweiz entstanden. Die Idee des nachhaltigen Hauses mit geringem Energieverbrauch war damals pionierhaft und hat die Bauvorschriften beeinflusst. Der tatsächliche Verbrauch ist aber oft höher als geplant. Das zeigt eine Studie.

Inzwischen wird auch bei Gebäuden ohne Minergie-Label auf den Energieverbrauch geschaut. Doch sobald die Gebäude bewohnt sind, sieht die Energiebilanz laut einer Studie des Bundesamtes für Energie (BFE) nicht mehr so gut aus, wie sie sollte.

Über drei Viertel der Gebäude, die nach den strengen kantonalen Vorschriften neu gebaut worden sind, verbrauchen mehr Energie als geplant. Bei den Minergie-Mehrfamilienhäusern und Verwaltungsbauten sind es zwei Drittel. Doch warum?

Das Minergie-Prinzip

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Minergie ist ein Standard für Niedrigenergiehäuser. Die Anforderungen sind für zwölf Gebäudekategorien verschieden definiert. Die Vergabe des Labels stützt sich auf Planungswerte und wird nicht aufgrund des Verbrauchs vergeben. Liegt der Verbrauch im Betrieb höher, hat das keinen Einfluss auf die Zertifizierung.

Bewohner lüften und heizen zu intensiv

BFE-Sprecherin Marianne Zünd erklärt: «Einerseits hat es damit zu tun, dass die Installationen, die Heizungs- oder die Lüftungsanlage beispielsweise, nicht richtig eingestellt werden.» Zudem spiele es auch eine wichtige Rolle, wie die Bewohner das Gebäude nutzen; also ob sie ausgiebig baden, bei winterlichen Temperaturen lüften oder die Heizung auf T-Shirt-Temperaturen hochdrehen, so Zünd.

Deshalb empfiehlt die Studie, den Nutzern nicht nur bei der Übergabe des Gebäudes die Heizung und die Lüftung rasch mündlich zu erklären, sondern auch schriftlich. Und sie rät dazu, allenfalls Heizung und Lüftung regelmässig zu kontrollieren und ein «Fine Tuning» des Minergie-Systems vorzunehmen.

Einfluss auf Weiterentwicklung des Labels

Das sei eine Möglichkeit, sagt Lorenz Bösch von der kantonalen Energiedirektoren-Konferenz. Er wolle die Studie prüfen und daraus Lehren für technische Anforderungen für Qualitätssicherung im Bau entnehmen. «Und in der Weiterentwicklung der Labels und der Bauvorschriften oder in der Bauabnahme darauf hinarbeiten.» Doch wie sich die Bewohner verhielten, das sei deren Sache.

So klingt es auch beim Verein Minergie. Dessen Geschäftsführer Andreas Meyer sagt: «Wir möchten da nicht einschränkend wirken. Wir wollen sicherstellen, dass unsere Gebäude einen hohen Komfort und eine hohe Qualität aufweisen und auch die Möglichkeit geben, sich energieeffizient zu verhalten». In Bezug auf diesen letzten Punkt besteht allerdings noch Potenzial, wie die Studie zeigt.

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