Das Wichtigste in Kürze
- Der Ständerat empfiehlt die Rasa-Initiative mit 34 zu 6 Stimmen bei 4 Enthaltungen zur Ablehnung und will keinen Gegenvorschlag ausarbeiten.
- Der Gegenvorschlag sollte sicherstellen, dass bei der Zuwanderungssteuerung völkerrechtliche Verpflichtungen berücksichtigt werden.
- Der Nationalrat hatte die Initiative in der Herbstsession mit 125 zu 17 Stimmen bei 50 Enthaltungen zur Ablehnung empfohlen und auf einen Gegenvorschlag verzichtet.
- Die Rasa-Initiative will den Zuwanderungsartikel, Folge des Volksentscheids vom 9. Februar 2014, wieder aus der Bundesverfassung streichen.
Im Seilziehen um die Initiative «Raus aus der Sackgasse» hat am Donnerstag auch der Ständerat entschieden, das Volksbegehren ohne Gegenvorschlag abzulehnen. Für den von einer Minderheit der Kommission unterstützten Gegenvorschlag setzte sich Andrea Caroni (FDP/AR) ein. Der vorliegende Gegenvorschlag sei minimal invasiv, behalte den Auftrag zu Kontingenten bei und sehe eigentlich nur Ausnahmen für Verträge vor, die man eingegangen sei.
Wenn wir das Spiel so weiterspielen, geben wir noch schärferen Volksinitiativen Rückenwind.
Der Gegenvorschlag habe damit Vorteile gegenüber der zu radikalen Rasa-Initiative. Aber auch gegenüber der bereits angekündigten, aber noch nicht lancierten Kündigungs-Initiative der SVP zur Kündigung der Personenfreizügigkeit, die somit vorerst noch eine «Ankündigungs-Initiative» sei. Caroni appellierte an das Parlament, das Spiel nicht zu weiterzuspielen und damit noch schärferen Volksinitiativen Rückenwind zu geben.
Kommissionssprecher Peter Föhn (SVP/SZ) machte deutlich, dass der Gegenentwurf für ihn und auch die Mehrheit der Kommission weder «Fisch noch Vogel» sei. Denn damit werde eigentlich nur erneut der Widerspruch zwischen Verfassungstext und Umsetzung bestätigt. Rasa-Initiative wie auch Gegenentwurf seien deshalb abzulehnen.
Minder: «Rasa-Initianten sind Träumer»
Thomas Minder (parteilos/SH) bezeichnete die Rasa-Befürworter als «Träumer». Denn zum einen wollten sie die unbeschränkte Zuwanderung aus dem EU-Raum. Zum anderen sei deren Initiative bereits angenommen, nämlich mit der Nichtumsetzung zur Zuwanderungsinitiative. Minder warnte vor Dichtestress und Zersiedelung, defizitären Staatsrechnungen und Unsicherheit am Arbeitsplatz. «Das kann kein Zeichen von Wohlstand sein», erklärte Minder.
Rasa-Befürworter und allgemein Befürworter der unbeschränkten Zuwanderung fahren die Schweiz geradezu an die Wand.
Müller: Rasa-Initiative wohl chancenlos
Es sei absehbar, dass das Volk einen Gegenvorschlag ablehnen würde, weil es sich eine Zuwanderungsbegrenzung wünsche, sagte Philipp Müller (FDP/AG). In absehbarer Zeit werde aber wohl Klarheit geschaffen, nämlich mit der Kündigungs-Initiative der SVP, die wohl zustande kommen werde.
Die Kündigungs-Initiative wird Klarheit schaffen.
Engler: Andere Initiativen werden bald Klarheit schaffen
Den Gegenvorschlag brauche es nicht, sagte Stefan Engler (CVP/GR). Denn die Selbstbestimmungs-Initiative liege schon auf dem Tisch. Allenfalls wäre diesbezüglich ein Gegenvorschlag zu überlegen. Auch die Kündigungs-Initiative werde wohl bald Antworten notwendig machen.
Weil wir von den Dakota-Indianern wissen, dass man von einem toten Pferd besser absteigt.
Engler riet den Rasa-Initianten, ihr obsolet gewordenes Volksbegehren zurückzuziehen, denn es führe nicht aus, sondern direkt in die Sackgasse. «Weil wir von den Dakota-Indianern wissen, dass man von einem toten Pferd besser absteigt.»
Stöckli: Gegenvorschlag könnte Rechtssicherheit schaffen
Je mehr man Volksentscheide nicht achte, desto radikaler würden die Forderungen, warnte Hans Stöckli (SP/BE) und zitierte mehrere Rechtsexperten, welche die Verfassungsgrundlage als unbefriedigend erachteten. Er werde die Rasa-Initiative nicht unterstützen. «Wir wollen sicher nicht den Eindruck erwecken, dass wir das Volk solange abstimmen lassen, bis uns das Resultat passt.» Es sprach sich deshalb für den Gegenvorschlag aus, der eine Zuwanderungsregelung ermögliche. Wenn dieser durchkomme, könne die Situation geklärt und Rechtssicherheit geschaffen werden.
Wir wollen sicher nicht das Volk solange abstimmen lassen, bis uns das Resultat passt.
Jositsch warnt vor Staatsverdrossenheit
Es gehe nicht darum, ob die Initiativen oder Gegenvorschläge zur Abstimmung kommen, sagte Daniel Jositsch (SP/ZH). Es gebe auch keine inhaltliche Sackgasse, denn die SVP habe gewonnen. Es habe aber eine institutionelle Sackgasse gegeben, aus welcher das Parlament mit der Umsetzung «light» eine Lösung gefunden habe. Dies könne das Parlament tun, denn niemand könne es bremsen. «Wir haben das Recht, gegen Verfassungsnormen verstossen, aber sollen wir da machen?» Es habe allerdings vor einem Jahr keine Alternative gegeben. Es gebe jetzt nur eine Lösung: Das Volk befragen.
Es gibt nur eine Lösung: Das Volk befragen.
Sommaruga: Prozess ist im Gang
Die Masseneinwanderungsinitiative habe offengelassen, was passiert, wenn die Personenfreizügigkeit nicht neu verhandelt werden kann, erinnerte Justizministerin Simonetta Sommaruga. Eine Kündigung der Personenfreizügigkeit habe die MEI-Initiative nicht verlangt. Das Parlament habe darauf das Risiko einer Verletzung der Personenfreizügigkeit mit einer indirekten Steuerung und einer Stellenmeldepflicht minimiert.
Der Bundesrat sei der Meinung, dass das Hauptanliegen der Rasa-Initiative damit erfüllt ist. Sommaruga erinnerte, dass die Annahme einer Volksinitiative nicht das Ende, sondern der Beginn eines Prozesses sei: «Das ist die direkte Demokratie, unterschätzen Sie diesen Prozess nicht.» Der jetzige Prozess könne mit guten Gründen unterstützt werden, betonte sie.
Der Bundesrat ist der Meinung, dass das Hauptanliegen der Rasa-Initiative erfüllt ist.