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Schweiz Hohe Medikamentenpreise trotz tiefem Euro

Benzin, Kleider, Kosmetika: Seit der Aufhebung des Mindestkurses wird in der Schweiz alles günstiger – nur die Medikamente nicht. Der Bund braucht drei Jahre, um die Preise aller Arzneimittel neu zu berechnen. Der Preisüberwacher findet das viel zu lange.

Eine aufgerollte Zweihundert-Franken-Note mit verschiedenen Tabletten.
Legende: Der Preisüberwacher fordert kürzere Fristen für die Anpassung der Medikamentenpreise an neue Wechselkurse. Keystone

Es ist paradox: Der Euro ist in den letzten Wochen um 15 Prozent gesunken, aber die Preise für Medikamente aus dem Euroraum bewegen sich nicht. Und sie werden sich demnächst auch nicht ändern, wie Beat Niederhauser, Stellvertreter des Preisüberwachers, kritisiert. «Die Medikamentenpreise werden nach einer Verordnung festgelegt und sind jeweils für drei Jahre festgesetzt.»

Jährliche Neuberechnung gefordert

Das Bundesamt für Gesundheit legt jedes Jahr die Preise von einem Drittel aller Medikamente neu fest. Bis alle Medikamente einem neuen Wechselkurs angepasst sind, dauert es also drei Jahre. Niederhauser hält das System für veraltet: «Wir fordern, dass eine jährliche Kontrolle und Neuberechnung sämtlicher Medikamentenpreise stattfindet. Das heisst, dass man höchstens ein Jahr auf die Änderung warten müsste.»

Momentan bezahlt die Schweizer Bevölkerung laut Niederhauser deutlich zu viel für die Medikamente. Das Sparpotenzial betrage 800 Millionen Franken im Jahr: «Das wäre eine Einsparung von knapp drei Prozent auf eine normale Erwachsenen-Krankenkassenprämie.»

Pharma gegen Systemwechsel

Die Pharmaindustrie wehrt sich aber gegen eine Verkürzung der Frist für die Anpassung der Medikamentenpreise. Sie produziert nicht nur für den inländischen Markt, sondern zum grössten Teil für den Export. Auch sie leide unter dem starken Franken, denn im Export seien ihre Produkte nun viel teurer, sagt Thomas Cueni vom Branchenverband Interpharma: «Wir brauchen dringend eine Abfederung des Franken-Schocks.»

Ob die Medikamentenpreise nach einem neuen Mechanismus festgelegt werden sollen entscheidet der Bundesrat. Der stellvertretende Preisüberwacher aber schätzt die Chancen für einen Systemwechsel als «eigentlich ganz gut ein». Irgendwann werde die Erkenntnis durchdringen, dass eine dreijährige Frist einfach zu lang ist. «Kein Markt im normalen Wettbewerb gibt sich dreijährige Fristen. Aber wir sprechen hier von administrierten Preisen und die Mühlen mahlen nicht immer wahnsinnig schnell. Das wird nicht morgen eingeführt werden.»

Trotz tiefem Eurokurs: Bis die Medikamente in der Schweiz günstiger werden, dürfte es also noch einige Zeit dauern.

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