Es liegt noch vieles im Dunkeln um den angeblichen Schweizer Spion Daniel M. Nun wird die Affäre um ein Kapitel reicher. Denn jetzt werden neue Aussagen des Mannes vor Gericht bekannt.
Zentral ist die Frage, ob Daniel M. tatsächlich in der Finanzverwaltung von Nordrhein-Westfalen einen Spitzel platziert hat. Das ist der Hauptvorwurf des deutschen Generalbundesanwalts, festgehalten im Haftbefehl vom 1. Dezember 2016. Die Generalbundesanwaltschaft stützt sich dabei auf Aussagen, die Daniel M. selber gemacht hat, und zwar gegenüber der Schweizer Bundesanwaltschaft in einem anderen Verfahren.
Er habe übertrieben und das alles erfunden, sagte Daniel M. den deutschen Ermittlern. Ein Maulwurf in der Finanzverwaltung? Habe es nie gegeben. Er habe «Konfitüre auf das Brot» schmieren wollen – das die Wortwahl von Daniel M., wie sie dem Beschluss des Ermittlungsrichters am Bundesgerichtshof zu entnehmen ist.
Das Gericht hat am 22. Juni 2017 entschieden, dass Daniel M. weiterhin in Haft bleiben muss, wie vergangene Woche bekannt wurde. Nun liegt die schriftliche Begründung vor, in die «10vor10» Einblick hatte.
Gericht beurteilt Aussage als «nicht glaubwürdig»
Der achtseitige Haftbeschluss lässt die Darstellung von Daniel M. in einem neuen Licht erscheinen. Seine Behauptung, er habe damals die Schweizer Ermittler angelogen – es gebe in Wahrheit gar keinen Maulwurf – sei «nicht glaubwürdig», heisst es im Beschluss.
Das Gericht stützt diese Einschätzung auf eine Einvernahme von Daniel M., deren Inhalt bisher nicht öffentlich bekannt war. Und zwar handelt es sich um die allererste Befragung am Tag der Verhaftung vom 28. April 2017.
Damals wurde Daniel M. einem Ermittlungsrichter vorgeführt. Er konnte sich zum Haftbefehl äussern, also auch zum Vorwurf der Platzierung einer Quelle in der Finanzverwaltung Nordrhein-Westfalens. Diesen Sachverhalt, so heisst es im neuen Beschluss, habe er «eingeräumt», also gestanden. Dass alles ganz anders gewesen sein soll, behauptete Daniel M. dann erst später, in der Haftprüfung vom 21. Juni 2017.
Zuerst ein Geständnis, dann der Rückzug – so sieht es der Bundesgerichtshof aufgrund der derzeit vorliegenden Erkenntnisse und beurteilt die Aussage von Daniel M. deshalb als nicht glaubwürdig. Wie dem Beschluss zu entnehmen ist, rechtfertigt sich Daniel M. so: Er sei durcheinander gewesen. Er habe nicht behaupten wollen, eine Quelle platziert zu haben. Doch das überzeugte das Gericht offensichtlich nicht. Denn Daniel M. sei bei der Befragung am Tag der Verhaftung bereits von einem Anwalt beraten und seiner Rechte belehrt worden.
Anwalt Landmann spricht von falscher Auslegung
Der Schweizer Anwalt von Daniel M., Valentin Landmann, sagt auf Anfrage von SRF, der Bundesgerichtshof lege die Aussage falsch aus: «Daniel M. hat nach der Verhaftung eingeräumt: jawohl, das mit dem Maulwurf habe ich den Schweizern damals gesagt – damit meinte er aber nicht, dass dies auch stimmt. Er bestätigte einzig, dies früher behauptet zu haben, mehr nicht.»
Jetzt liege der Ball bei der Generalbundesanwaltschaft, sagt Landmann. Sie müsse endlich Beweise vorlegen für den Maulwurf-Vorwurf. Hier scheint der Bundesgerichtshof eher auf der Linie der Verteidigung zu liegen. Im Beschluss heisst es unmissverständlich, die Anklage habe «Belastendes wie Entlastendes zu ermitteln» und es seien «zeitnah Beweiserhebungen zur Überprüfung der Richtigkeit der Einlassung des Beschuldigten vor den Schweizer Ermittlungsbehörden durchzuführen».
Das heisst: Die deutschen Staatsanwälte müssen ihren Vorwurf untermauern. «Das Gericht geht davon aus, dass entsprechende Ergebnisse im Rahmen der nächsten gerichtlichen Überprüfung der Haft vorgelegt werden», sagt Landmann. Ein nächstes Gesuch zur Haftprüfung könne die Verteidigung in zwei Monaten stellen. Dies werde auch geschehen.