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Spionage in Deutschland Geständnis mit Folgen in der Schweiz

Der Schweizer Spion Daniel M. hat ausgepackt und Namen genannt. Er hat im Auftrag des Nachrichtendienstes gehandelt.

Der ehemalige Schweizer Polizist Daniel M. hat wegen des Vorwurfs der Spionage vor dem Oberlandesgericht in Frankfurt am Main ein Geständnis abgelegt.

Der Spionagefall im Zusammenhang mit dem Schweizer Steuerstreit mit Deutschland hatte das Verhältnis der beiden Länder belastet. Laut dem Geständnis von Daniel M. ist der Versuch der Schweiz gescheitert, eine Quelle («Maulwurf») in der Steuerverwaltung eines deutschen Bundeslandes zu platzieren.

Der Angeklagte hat in erste Linie lediglich ein paar private Personaldaten über deutsche Steuerfahnder geliefert, sagt SRF-Korrespondent Marcel Anderwert, der den Prozess in Frankfurt a.M. beobachtet.

Am Prozess sei aber schon auffallend gewesen, dass der schweizerische Nachrichtendienst versucht habe, mit Daniel M. eine Spionagemission in Deutschland durchzuführen. Dafür habe er mit Mitarbeitern des Nachrichtendienstes (NDB) zu tun gehabt, darunter auch mit NDB-Vizedirektor Paul Zinniker.

Verfahren gegen NDB-Mitarbeiter?

«Peinlich ist aber vor allem, dass die schweizerische Bundesanwaltschaft die ganzen Akten aus dem Schweizer Verfahren Deutschland auf dem Silbertablett serviert hat, indem man diese an einen Anwalt des früheren Agenten [Klaus Dieter Matschke] weitergegeben hat», sagt Anderwert.

Das könnte strafrechtliche Konsequenzen für Mitarbeiter des NDB haben. Möglicherweise laufe auch gegen einzelne Personen des NDB ein Verfahren, was ein Vertreter der Generalbundesanwaltschaft in Frankfurt gegenüber SRF nicht bestätigen, aber auch nicht dementieren wollte.

«Ungewöhnlich und ungehörig»

Dass eine Geheimoperation vor einem Gericht öffentlich verhandelt werde, dürfte eigentlich nicht passieren. Das sagt Georg Mascolo, Leiter des Recherchenetzwerkes NDR, WDR und «Süddeutsche Zeitung», der die Geheimdienste gut kennt: «Das ist kein guter Tag für den schweizerischen Nachrichtendienst.»

Gleichwohl dürfe man nicht vergessen, dass sich die Schweiz zum damaligen Zeipunkt im Steuerstreit mit Deutschland ausserordentlich provoziert gefühlt habe. Der Ankauf von Steuerdaten durch deutsche Behörden sei in der Schweiz als Spionageaktion empfunden worden.

Trotzdem, «Daniel M. in eine Spionageoperation einzusetzen gegen ein befreundetes Land ist ungewöhnlich und zwischen verbündeten Staaten auch ungehörig», sagt Mascolo.

NDB – war da was?

Der Spionagefall wird aber auch in der Bundespolitik ein Nachspiel haben. Die Geschäftsprüfungskommission (GPK) ist daran, den ganzen Fall aufzurollen. Dazu gehört insbesondere die Frage nach dem Zusammenspiel von Bundesanwaltschaft, Bundeskriminalpolizei und dem Nachrichtendienst. Diese schoben sich ja nach dem Auffliegen des Falles gegenseitig den «Schwarzen Peter» zu.

Es sei pikant, die Reaktionen in Bundesbern zu beobachten, sagt SRF-Bundeshausredaktor Christoph Nufer: Der Chef des Nachrichtendienstes, Markus Seiler, werde derzeit in Bern als neuer Generalsekretär im Aussendepartement von Bundesrat Cassis nach dessen Amtsantritt gehandelt. Und Paul Zinniker, Vizedirektor des NDB, werde am kommenden Samstag an der SVP-Delegiertenversammlung auftreten und über das neue Nachrichtendienstgesetz sprechen.

Es bleibe der Eindruck, so Nufer: «Während das Parlament den Spionagefall im Detail analysiert, verhält sich die Führung des NDB, als ob es nie einen Fall und einen Prozess mit Daniel M. gegeben hätte.»

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