Die 2003 eingeführte Schuldenbremse im Bundeshaushalt gilt als Erfolgsmodell. Trotzdem gerät das Instrument zunehmend in die Kritik. Zum Sessionsauftakt hat die grosse Kammer heute entschieden: Die Schuldenbremse bleibt unangetastet. Bundeshausredaktor Philipp Burkhardt beantwortet einige Fragen zum Thema.
SRF: Wie funktioniert die Schuldenbremse?
Philipp Burkhardt: Vereinfacht sagt die Schuldenbremse: Die Ausgaben des Bundes dürfen über einen Konjunkturzyklus hinweg nicht grösser sein als die Einnahmen. Zu diesem Zweck wird ein Höchstwert der zulässigen Ausgaben definiert.
Abweichungen davon werden jedes Jahr einem sogenannten «Ausgleichskonto» gutgeschrieben oder belastet. Ist der Saldo dieses Kontos negativ, müssen die Mehrausgaben «in den Folgejahren kompensiert werden», wie es in der Bundesverfassung heisst.
Was hat die Schuldenbremse seit ihrer Einführung gebracht?
Die Schuldenbremse hat zu einem international einmaligen Abbau der Staatsverschuldung in der Schweiz geführt. Noch im Einführungsjahr der Schuldenbremse 2003, betrug die Verschuldung des Bundes 124 Milliarden Franken, was einer Schuldenquote von 26,1 Prozent entsprach (Bruttoschulden des Bundes im Verhältnis zum Bruttoinlandprodukt). Bis Ende des letzten Jahres konnte die Verschuldung auf 104 Milliarden abgebaut werden (Schuldenquote von 16,2 Prozent).
Warum ist die Schuldenbremse neuerdings umstritten?
Bei der Einführung der Schuldenbremse ist man noch davon ausgegangen, dass sich positive und negative Abweichungen vom Budget über längere Zeit ausgleichen würden. Doch in der Praxis hat der Bundeshaushalt meist viel besser abgeschlossen als budgetiert – im Durchschnitt um je rund 1 Milliarde Franken.
Der Bundesrat führt dies etwa je zur Hälfte auf Schätzfehler bei den Einnahmen und auf Unterschreitungen des Budgets auf der Ausgabenseite zurück. Die ungeplanten Überschüsse haben dazu geführt, dass das «Ausgleichskonto» der Schuldenbremse mittlerweile auf 24,5 Milliarden Franken angewachsen ist.
Das weckt Begehrlichkeiten. CVP-Nationalrat Leo Müller zum Beispiel hat mit einem Vorstoss gefordert, dass Überschüsse im Bundeshaushalt nur noch zur Hälfte für den Schuldenabbau eingesetzt werden müssen und zur anderen Hälfte für den AHV-Ausgleichsfonds.
Die SP ihrerseits setzte sich seit längerem für eine Lockerung der Schuldenbremse ein. Damit würden viele Sparmassnahmen des Bundesrates überflüssig, argumentierte die Partei.
Will der Bundesrat selbst die Schuldenbremse aufgeben?
Der Bundesrat hat Finanzminister Ueli Maurer beauftragt, «eine Anpassung der Regeln zur Schuldenbremse vertieft zu prüfen». Konkret schwebt dem Bundesrat vor, dass ausgabenseitige Budgetunterschreitungen nicht nur für den Schuldenabbau, sondern auch für zukünftige Ausgaben verwendet werden könnten.
Dies würde durch eine «symmetrische Bewirtschaftung» des Ausgleichskontos geschehen. Dabei dürfte im Umfang der in den Vorjahren realisierten Minderausgaben Geld aus dem Ausgleichskonto entnommen werden.
Eine entsprechende Gesetzesanpassung wäre frühestens für den Voranschlag 2020 wirksam. Finanzminister Maurer selbst ist vehement gegen jegliche Lockerung der Schuldenbremse.
Wie geht es weiter?
Der Bundesrat erwartet den Bericht aus dem Finanzdepartement bis Ende Jahr. Die Finanzkommission des Nationalrats ihrerseits möchte jede Aufweichung der Schuldenbremse verhindern. In den Vorstoss, über den heute Nachmittag das Plenum abgestimmt hat, verlangt sie eine Änderung des Bundesgesetzes über den eidgenössischen Finanzhaushalt, mit der «eine Aufweichung der bisherigen Regelung ausgeschlossen» wird.