So steht es um die Partei
Die CVP muss befürchten, dass sich der Abwärtstrend an den Wahlen im Herbst weiter fortsetzt – zumindest zeichnen die kantonalen Wahlen in dieser Hinsicht ein eindeutiges Bild. In den letzten vier Jahren hat die Partei in 16 Kantonen an Wählern verloren; nur in vier Kantonen konnte sie zulegen. Zum Teil waren die Verluste massiv: in St. Gallen und im Wallis sank der Wähleranteil um 6 und 4,7 Prozentpunkte.
Das ungelöste Problem der CVP ist laut dem Lausanner Politologen Georg Lutz die innere Zerrissenheit. «Da ist auf der einen Seite der konservative Flügel, der beispielsweise im Wallis und in der Innerschweiz immer noch eine gewichtige Rolle spielt.» Gleichzeitig präsentiere sich die Partei als christlich-soziale Kraft. Diese beiden Flügel haben oft völlig unterschiedliche Meinungen zum selben Thema, was sich beispielsweise bei der Homo-Ehe zeigt. Das wiederum erschwere es, sich als Partei zu positionieren.
Zwar sei ein grosser Teil der konservativen Basis bereits weggebrochen und zu SVP-Wählern geworden. «Dennoch spielt der konservative Flügel eine wichtige Rolle – oft sind es diese Parteimitglieder, die an der Basis die Knochenarbeit leisten», sagt Lutz.
Es gibt einen weiteren Grund für die Schwierigkeiten der CVP: Als ursprünglich katholische Partei ist sie nur in gewissen Kantonen überhaupt präsent. «Gleichzeitig ist das Wählerpotenzial für die CVP begrenzt: Die Städte sind rot-grün besetzt und in den Agglomerationen zieht die Partei kaum neue Wähler an», sagt Lutz.
Der Blick zurück
Der Probleme zum Trotz: Die CVP spielt in der Schweizer Politik immer noch eine wichtige Rolle. «Die CVP sagt – mit einigen Ausnahmen – wohin es geht. Wenn die Partei will, dass die AKW weiter laufen, laufen sie weiter. Wenn sie sie abschalten will, werden sie abgeschaltet», sagt Politologe Daniel Bochsler vom Zentrum für Demokratie Aarau. Und Georg Lutz fürgt an: «Die CVP und die FDP sind immer noch diejenigen Parteien, die mehrheitsfähige Kompromisse schmieden – auch wenn sie an der Urne dafür nicht belohnt werden.»
Lutz betont zudem, dass die CVP in vielen Kantonen weiterhin die grösste Partei sei – so in den meisten Kantonen der Innerschweiz. «Das geht oft vergessen.»
Wofür steht die Partei?
Die CVP präsentiert sich als Familienpartei. Entsprechend engagiert sie sich laut Parteiprogramm für die bessere Vereinbarung von Beruf und Familie und kämpft gegen die Heiratsstrafe. Zu den drei Kernthemen EU, Energiewende und AHV-Reform positioniert sich die Partei wie folgt:
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Beziehung zur EU und Personenfreizügigkeit: Die CVP will die Bilateralen weiterführen. Um die Masseneinwanderungsinitiative gemäss dem Volkswillen umzusetzen, fordert die CVP die Einführung einer permanenten Schutzklausel: Bei übermässiger Einwanderung soll diese Schutzklausel greifen. Allerdings scheint ein Ja der EU wenig wahrscheinlich.
- Energiewende: Die CVP steht hinter der bundesrätlichen Energiestrategie 2050. So will sie den Anteil erneuerbarer Energien erhöhen und die CO2-Emissionen senken. Anders als die Grüne Partei will die CVP Atomkraftwerke aber nicht nach einer bestimmen Laufzeit abschalten, sondern dann, wenn sie nicht mehr den Sicherheitsvorschriften entsprechen.
- AHV-Reform: Die Partei unterstützt grundsätzlich die geplante AHV-Reform. So befürwortet sie ein einheitliches Rentenalter von 65 Jahren für Frauen und Männer. Auch die Flexibilisierung des Rentenalters zwischen 62 und 70 Jahren heisst die Partei gut. Anders als etwa die SVP kann die CVP mit einer Erhöhung der Mehrwehrsteuer leben.
Kennzahlen – Christlichdemokratische Volkspartei
Wähleranteil Nationalratswahlen 2011 | 12,3 Prozent |
Mitglieder | 100'000 |
Sitze Nationalrat | 29 (8 Frauen, 21 Männer) |
Sitze Ständerat | 13 (2 Frauen, 11 Männer) |
Gründungsjahr | 1912 |
Parteipräsident | Christophe Darbellay |
Link | www.cvp.ch, Link öffnet in einem neuen Fensterim Browser öffnen |
(Rendez-Vous, 22.06.2015, 12:30 Uhr)