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10 Prozent Wertverlust Schwacher Dollar trotz kräftig wachsender Wirtschaft

Die amerikanische Wirtschaft boomt. Das spricht eigentlich für einen starken Dollar, aber dem ist nicht so.

Unternehmen in den USA verzeichnen volle Auftragsbücher, die Arbeitslosigkeit ist rekordtief, zwei Millionen neue Stellen wurden geschaffen und die Börsen steht auf Rekordhöhen. Das spricht eigentlich alles für eine starke Währung, aber der Dollar verlor im letzten Jahr gegenüber den sechs wichtigsten Währungen der Welt ganze 10 Prozent an Wert – so viel wie fast seit 15 Jahren nicht mehr.

Dabei waren sich die Fachleute anfangs 2017 einig gewesen: Der Dollar wird an Wert zulegen wegen der boomenden Wirtschaft und den steigenden Zinsen in den USA.

Weltweites Wirtschaftswachstum

Der Hauptgrund für diese Fehleinschätzung ist, dass nicht nur in den USA die Wirtschaft brummt, sondern auch sonst auf der ganzen Welt. Damit habe schlicht niemand gerechnet, sagt David Marmet, Währungsstratege bei der Zürcher Kantonalbank: «Sicher ist mal, dass das globale Wachstum stärker ausfiel, als das die Märkte erwartet haben.»

Der Zürcher Ökonom Alex Hinder liefert Details zum überraschenden Wachstum: «Seit rund 12 Monaten haben vor allem Europa, aber auch Asien und dort Japan deutlich aufgeholt. Die Wirtschaftsaussichten in diesen Ländern haben sich extrem verbessert, und heute ist das Wirtschaftswachstum in Europa sogar leicht höher als in den USA.»

Und wenn andere Länder plötzlich schneller wachsen als die USA, dann sei es völlig normal, dass die Währungen dieser Länder ansteigen und der Dollar sinkt. Der Dollar hatte nach der Finanzkrise als erste Währung wieder zugelegt, weil die USA als erstes Land wieder gewachsen war. Und nun ist der Euro dran, weil es Europa gut geht.

Politik beeinflusst massgeblich

Gegenüber dem Euro hat der Dollar denn auch am meisten Boden verloren, nämlich über 12 Prozent. Währungsstratege Marmet redet deshalb nicht nur von einer Dollar-Schwäche, sondern auch von einer Euro-Stärke.

Dass die meisten Analysten die Dollar-Schwäche nicht haben kommen sehen, erklärt Marmet mit der Politik. Ende 2016 habe in Europa grosse politische Unsicherheit geherrscht, weil vielerorts Wahlen angestanden hätten.

Doch für die Finanzmärkte habe die Politik kurze Beine, sagt Marmet. «Aber sollte der Euro auseinanderbrechen, wie wir das vor mehreren Jahren diskutiert haben, dann hat die Politik wirklich einen grossen Einfluss auf die Währung.»

Der Dollar ist überbewertet

Doch es gibt noch einen zweiten Grund für den schwachen Dollar, sagt der Genfer Ökonomieprofessor Charles Wyplosz. Die amerikanische Währung befinde sich auf einem historischen Rekordniveau, was deren Bewertung angehe. Die US-Währung sei so stark überbewertet wie seit 1985 nicht mehr. Dies gemessen an den Lebenshaltungskosten in den USA im Vergleich mit anderen Ländern. Deshalb werde die Korrektur auch dieses Jahr weitergehen.

Und wer profitiert von einem schwachen Dollar? In erster Linie die USA – weil ihre Exporte billiger werden und die Importe teurer. Das ist also ganz im Sinne von US-Präsident Donald Trump.

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