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Wochengast «Wir wollen ein Ventil für überforderte Männer sein»

Das Basler Männerbüro unterstützt seit 1995 Männer in schwierigen Lebenssituationen. Gaudenz Löhnert ist Geschäftsführer des Männerbüros und fordert eine männliche Emanzipation.

Das Männerbüro Region Basel ist umgezogen in den Quartiertreffpunkt Davidseck im Basler St. Johann-Quartier. Für Geschäftsführer Gaudenz Löhnert haben diese neuen Räumlichkeiten eine grosse Bedeutung: «Vorher waren wir etwas versteckt. Jetzt sind wir viel sichtbarer. Das bietet einen niederschwelligen Zugang.»

Das Männerbüro Region Basel

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Das Basler Männerbüro unterstützt seit 1995 Männer, die sich in einer kritischen Lebenssituation oder in einer Umbruchphase befinden. Im Gespräch mit den Fachpersonen sollen die betroffenen Männer individuelle Lösungswege und neue Perspektiven erarbeiten.

Auch heutzutage gelte es noch immer als unmännlich, Probleme zu haben. Viele Themen seien deshalb für Männer schambehaftet, sagt Löhnert. «Viele Männer wollen nicht zugeben, dass sie Probleme haben. Wir wollen ein Ventil sein für diese Männer, bevor der Dampfkochtopf explodiert.» Dabei gehe es häufig um psychische Belastungen, die die Männer in ihrem Umfeld nicht besprechen können.

Auch heute wird von den Männern noch erwartet, immer stark zu sein.
Autor: Gaudenz Löhnert Geschäftsführer Männerbüro Basel

Die Fragen, mit denen sich die Betroffenen an das Männerbüro wenden, seien vielfältig. Häufig gehe es um Unklarheiten bei einer Trennung. Aber auch Fragen rund um Sexualität und Gewalt thematisiert Löhnert im Männerbüro. Männer hätten dabei oft grosse Scham vor einem möglichen Gesichtsverlust. «Auch heute wird von den Männern noch erwartet, immer stark zu sein.»

Emanzipation der Männer

Im Gespräch mit dem «Regionaljournal» fordert der ehemalige Schulleiter Gaudenz Löhnert eine männliche Emanzipation: «Männer sollen zugeben, dass sie nicht weiterwissen. Sie sollen Emotionen zulassen und diese auch zeigen.» Wichtig sei dabei, dass die Gesellschaft das zulasse. Es sei ein Problem, dass sich Männer gegenseitig auslachten, wenn jemand Schwäche zeige. Dabei wäre es wichtig, dass sich Männer bei dieser Entwicklung gegenseitig unterstützen. Löhnert appelliert aber auch an die Frauen: «Ich denke, Frauen sind auch sexistisch. Viele Frauen fordern starke Männer. Sie wollen keine Männer mit Problemen.» Das sei für viele Männer eine Last.

Wichtig sei auch, dass es bei der Erziehung einen Wandel gebe. «Wenn ich mit Schülern arbeite, staune ich oft, was für Rollenbilder sie mitbringen.» Aus seiner Erfahrung sagt Löhnert, dass 90 Prozent der Kinder noch im völlig klassischen Familienmodell aufwachsen.

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