Ein junger russischer Rekrut will nicht in die mörderische Ausbildung zum Krieg eintreten und versucht zu desertieren. Dabei erhält er unverhofft Hilfe einer französischen Touristin, die dem jungen Mann beisteht, weil es Menschenpflicht ist. Mit «Weiter nach Osten» ist der Französin Maylis de Kerangal ein eindringliches Werk über die Ohnmacht des Ausgeliefert-Seins geglückt, das durch die hyperrealistischen Schilderungen eine ganz eigene Poesie entwickelt, findet Felix Münger, der das Buch, das nun auch in deutscher Übersetzung vorliegt, mit an den Literaturstammtisch bringt.
Alles hat seinen Preis. In einer Welt, in der Babymilchpulver knapp geworden ist, wird auch Muttermilch zur teuren Ware. Daraus schlägt die Unternehmerin Clarissa Kapital: In ihrem «Haus des flüssigen Goldes» pumpen Frauen ihre überschüssige Milch ab und werden am Verkauf beteiligt. Auch Maya gehört zu den «goldenen» Frauen. Als sie eines Tages aus Mitleid einen hungernden Säugling kostenlos stillt, wird sie auf Social-Media gefeiert und von Shitstorms überrollt. Clemens Bergers irrwitzige Romansatire rückt das Thema Mutterschaft und Care-Arbeit in ein Licht, in dem es Tim Felchlin bis jetzt noch nicht gesehen hat.
Der Buchtipp kommt diese Woche von Michael Luisier. Er empfiehlt «Ich beginne wieder von vorn», den dritten und letzten Teil der Tagebuchtrilogie des Schauspielers und Sängers Manfred Krug.
Buchhinweise:
· Maylis de Kerangal. Weiter nach Osten. Aus dem Französischen von Andrea Spingler. 91 Seiten. Suhrkamp, 2024.
· Clemens Berger. Haus des flüssigen Goldes. 216 Seiten. Residenz, 2024.
· Manfred Krug. Ich beginne wieder von vorn. Tagebücher 2000-2001. Herausgegeben von Krista Maria Schädlich. 266 Seiten. Kanon Verlag, 2024.