Fünf Jahre lang fuhr ich nach jedem Konzert mit meinem Schlagzeuger nach Hause. Wir mochten nicht quatschen, und eigentlich auch keine Musik hören. Nach einem vollen Tag warten, Soundcheck, warten, spielen, feiern und viel labern ist Ruhe ganz angenehm. Also stiegen wir wortlos ins Auto ein und schwiegen erst mal eine gute Viertelstunde. Dann tauchte immer, wirklich jedes mal ein nonverbal ausgesprochener Wunsch von beiden auf, genau ein Album zu hören. Und zwar jedesmal das gleiche. Und erst nach dem vollen Ablauf der ersten vier Stücke durfte geredet werden. Denn: die ersten vier Tracks auf «Voodoo» stellen den für mich bislang unnereicht besten Anfang einer Scheibe dar.
Von Sekunde eins ♥
Dass die Songs unfuckingglaublich sind, ist ja das eine. Was da genau gemacht wird, was für Jazz-, Neo Soul-, Blues- und Hip-Hop-Einflüsse da mitzocken, das haben andere schon unzählige Male und tausendmal besser beschrieben, als ich das je tun könnte. Aber lass dies gesagt sein: Die Songs auf «Voodoo» kommen praktisch ineinander-gespielt daher und verfügen über die nahtlosesten aller Übergänge mit eingebauten, Vorfreude aufbauenden, Teaserelementen - das ist nur noch frech.
Die allerersten Sekunden vom Eröffnungssong «Playa Playa» reissen dich mit einem sanften Proberaum-Intro-Fade-In in die Musik. Du merkst erst, dass der Song angefangen hat, wenn du schon dazu nickst, tanzt, groovst. Der Song fadet nach epischen sieben Minuten wieder aus, und in den allerletzten Sekunden erklingen unverkennbare Scratchgeräusche. Das MUSS DJ Premier sein. Ja? Ja. UND DANN DROPPT DIESER PRIMO BEAT und der Rap-Fan in mir windet sich im Bandauto im Sitz, zuckt, bouncet mit beiden Armen und nickt härter mit dem Kopf als je ein Slayer-Fan headgebangt hat. Holy Fuck.
«Maybe even kiss you way down there - think I won't?»
Dem Hip-Hop sei aber nach dem schnellen, straighten Song «Devil's Pie» nicht Einhalt geboten. Nein, nachdem der Track mit Scratch-Virtuositäten des Premiers (der übrigens schon die einleitende Horns-Section in den nächsten Track scratcht) endet, gibts wieder einen Übergang des Todes. Ein einsames Gitärrchen groovt vor sich hin, und dann hörst du die «Unh's» und «Yo's» von Redman , der zusammen mit Method Man dem Sextribut-Song «Left & Right» alles gibt, was ich je von einem Lied wollte: krasser tanzbarer Groove, geile Hook zum Mitsingen, Method Man und Redman (mal ehrlich: viel konnten die beiden zu der Zeit nicht falsch machen) und dirty, sexy Lyrics.
Und dann der alles zerstörende Moment
Und dann (wir sind bei drei durchghörten Songs) kommt der Moment, der alles zerstört. Nach frechen drei Songs, eher auf der Up-Beat und Up-Tempo Schiene, nachdem Methodman den letzten Satz gedroppt hat «Drop that ass when I'm finished, and watch it smoke, smoke, smoke» ballert dir D'Angelo ein Kopfstimmen-Chörli in die Ohren, welches dich INSANT zu einem Haufen R'n'B-Sex-Softness-Brei prügeln. Über zwei Takte zieht er sein «heeeee», und dann droppen Bass, Schlagzeug und Gitarre von «The Line» rein, und es ist wirklich, wirklich alles vorbei in deiner Welt.
Dass dann da noch Songs wie «Chicken Grease», «Spanish Joint» und «Untitled / How does it feel» kommen, und das Album keine Sekunde lang abfällt, ist unmöglich. UNMÖGLICH. Ich könnte über jeden Song von Voodoo ein Buch an Laudatien schreiben, aber du siehst ja, auf was ich hinauswill: Das Album ist von A-Z perfekt.