Quizshows wie «Swissquiz» verstossen laut Bundesgericht gegen das Lotteriegesetz. Darüber hat «Kassensturz» letzte Woche berichtet. Der Sender 3+ nahm daraufhin das Quiz bis auf Weiteres vom Sender. Der Sender schreibt: 3+ hat «noch mehr Transparenz – insbesondere in der Frage des gleichwertigen Gratiszugangs – von Primavera verlangt». Transparenz hört sich gut an. «Kassensturz» hat die Sendung nochmals genau unter die Lupe genommen. Das Quiz lief auf den Sendern StarTV und Viva.
Auffällige Falschantworten
Niemand kennt die Spielshow «Swissquiz» besser als Romy Oppliger aus Brittnau. Sie nimmt jeden Tag neun Stunden «Swissquiz» auf und analysiert die Sendungen akribisch. Dabei notiert sie sich auch die Namen der Anrufer. In der Sendung vom 3. März fällt Romy Oppliger eine ältere Dame auf, die nach einigen merkwürdigen Falschlösungen durchkommt und ebenfalls das einfache Lösungswort «Bratwurst» nicht errät. Der Verdacht von Romy Oppliger: Sogenannte Fake-Anrufer geben nach Absprache mit der Spielleitung von «Swissquiz» absichtlich falsche Antworten und animieren so andere Leute, auf die teure 0900er-Nummer anzurufen. Die Produktionsfirma von «Swissquiz» bestreitet dies vehement.
«Kassensturz» zieht den Tonmeister Manfred Gysi bei und lässt ihn die Stimmen von zehn Anruferinnen im Tonstudio vom Schweizer Fernsehen analysieren. Die gleiche Wärme in der Stimme, der gleiche Rhythmus, die gleiche Tonlage, der gleiche Dialekt. Für Manfred Gysi ist die Sache klar: «Aus meiner Berufserfahrung kann ich sagen, dass das mit grösster Wahrscheinlichkeit die gleiche Person ist.»
Natürlich dürfte man auch mit verstellter Stimme anrufen und jedes Mal einen andern Namen angeben, sagt Marcel Niggli, Professor für Strafrecht an der Universität Freiburg. Wenn die Anruferin aber mit «Swissquiz» eine Abmachung habe, wäre das ein schweres Delikt. «Dann wären das täuschende Machenschaften im Sinn des Betrugs», sagt Professor Niggli.
Romy Oppliger hat weitere Belege dafür, dass es bei diesem Spiel mit den seltsamen Anrufern und den falschen Antworten nicht mit rechten Dingen zugeht. Das Spiel heisst «eine Wanne voller Geld». Die Moderatorin ermuntert die Zuschauer permanent, aus neun Buchstaben ein Wort zu bilden. Auf den ersten Blick ist klar: «Bratwurst» ist die richtige Lösung. In der Geldwanne mit dem Gewinn liegen mittlerweile mehrere Tausend Franken.
Wenige Minuten nach der falschen Antwort «Wurstbrät» ruft die gleiche Stimme nochmals an und errät das Lösungswort. Die Moderatorin wirkt irritiert und sagt: «Das ist im Fall richtig!» Der Verdacht: Diese Frau ist eine Fake-Anruferin und hätte gar nicht gewinnen sollen. Jetzt ist die Moderatorin in der Klemme. Sie muss das Geld in der Wanne zählen. Sie zählt bis 5000 und fragt: «Ich habe doch eine Geldfee, ist das in Ordnung, wenn meine Kollegin kommt und weiterzählt?» Sonst dauere das zu lang.
Banknoten nachgezählt
Eine Kollegin zählt das Geld, während ein neues Spiel läuft. Die Zuschauer sehen nicht, wie viel Geld wirklich in der Wanne war. Offensichtlich sagt ihr die Regie etwas ins Ohr. Der Verdacht: Sie soll eine tiefe Gewinnsumme nennen, obwohl sie vorher schon 5000 Franken gezählt hat. Nach einer Weile hat die Geldfee angeblich nachgezählt. Die Moderatorin gibt den Gewinn bekannt: 6850 Franken. Das scheint viel Geld zu sein. Doch Romy Oppliger weiss es besser, denn auf dem Geldband kann sie während des Spiels die einzelnen Banknoten zählen. Romy Oppliger: «Ich habe mehr als 14'000 Franken gezählt, 14'020 Franken genau.» Sie habe mehrmals nachgezählt.
«Kassensturz» will von der Produktionsfirma Primavera wissen: Warum soll die Gewinnerin bloss 6850 Franken bekommen? Die Primavera-Anwälte bekräftigen: Die Gewinnerin bekomme selbstverständlich den vollen Betrag, nämlich 6850 Franken ausbezahlt. In sämtlichen Schreiben bestreitet Primavera alle Vorwürfe von «Kassensturz»: keine Fake-Anrufe, keine absichtlichen Falschantworten, keine unterschlagenen Gewinnbeträge. Es ginge alles mit rechten Dingen zu.
«Kassensturz» nimmt Kontakt mit der Gewinnerin auf. Sie bestätigt, dass sie immer wieder unter verschiedenen Namen angerufen habe, weil sie eben anonym bleiben wolle. Dann sagt sie: Es sei ihr immer klar gewesen, dass sie nie einen grossen Gewinn ausbezahlt bekomme, auch nicht die angeblichen 6850 Franken. Sie hat nicht zugegeben, dass sie im Auftrag von «Swissquiz» Fake-Anrufe macht. Sie hat es aber auch nie bestritten.
Alles ein «Missverständnis»
Am Montagmorgen stellte Primavera den Sendebetrieb von «Swissquiz» ein – vorläufig, wie die Firma sagt. Nachdem «Kassensturz» die «Swissquiz»-Produzentin nochmals angefragt hat, schreibt Primavera: Die Moderatorin habe die Gewinnsumme missverstanden. Im Studio verstand sie 6850 Franken statt 16'850 Franken. Die Gewinnerin bekomme den gesamten Betrag. StarTV schreibt «Kassensturz»: «Aufgrund der uns vorliegenden Informationen haben wir keinerlei Anhaltspunkte, das in den fraglichen Sendungen etwas nicht rechtens gewesen sein soll.»