Mathias Seger war Captain des Teams, das 2012 die Finalserie gegen den SC Bern mit einem Tor nur 2,5 Sekunden vor der Sirene entschied. Im SRF-Interview spricht er über die Meister-Entscheidung von damals und was das legendäre Leserfoto mit ihm und dem Pokal im Tram auslöste.
SRF Sport: Mathias Seger, die erste Frage lautet natürlich: Wie trifft Sie die Corona-Krise?
Mathias Seger: Jeder bekommt es zu spüren. Ich bin immer zuhause. Anders ist, dass die Kinder auch zuhause sind. Wobei wir eigentlich jetzt in den Ferien wären. Aber nun geniessen wir eben die Zeit daheim.
Wie ist das eigentlich mit Ihren Kindern: Interessiert es sie, was Sie in Ihrer Eishockey-Karriere erreicht haben?
Nein, überhaupt nicht. Die Ältere hat diese Zeit noch etwas mitbekommen, die Kleinere kann sich an diese Sachen nicht erinnern. Darum ist es bei uns kein grosses Thema.
Ein solcher Titel verbindet fürs ganze Leben.
Am Freitag ist der Jahrestag des Meistertitels, den die ZSC Lions 2012 in Bern holten. Schauen Sie selbst manchmal darauf zurück?
Ich erfahre jeweils von den Journalisten von den Jahrestagen, jetzt speziell in dieser Corona-Krise. (lacht) Wenn man die Jungs von damals wieder sieht, schaut man natürlich zurück. Es stimmt schon: Ein solcher Titel verbindet fürs ganze Leben. Wenn man sich diese Geschichten erzählt, ist das immer sehr schön und amüsant.
Was ist für Sie die Geschichte dieses Finals, mit diesem Tor so kurz vor Schluss?
Unsere ganze Saison war sehr speziell. Wir starteten als 7. in die Playoffs, konnten die ersten beiden Serien mit 4:0 gewinnen und waren dann gegen Bern mit 1:3 hinten. Und trotzdem konnten wir es noch drehen, mit diesem Herzschlagfinale mit der Entscheidung 2,5 Sekunden vor Schluss. Das war verrückt und bleibt in Erinnerung.
Ich versuchte dem Team zu sagen, dass das Tor wahrscheinlich nicht zählt – damit die Enttäuschung nicht zu gross ausfällt.
Sie waren zu diesem Zeitpunkt selbst auf dem Eis und redeten nach dem Tor energisch auf Steve McCarthy ein. Was passiert mit einem Sportler in einem solchen Moment?
Es war schon eine sehr spezielle Situation: McCarthy war mein Partner in der Verteidigung und selten so weit vorne anzutreffen – und dann schiesst er 2,5 Sekunden vor Schluss dieses Tor. Da brechen natürlich alle Dämme. Man sieht es in den Gesichtern der Spieler, diese Befreiung, diese Erlösung. Aber es war auch lange nicht klar, ob das Tor zählt. Ich versuchte dem Team zu sagen, dass es wahrscheinlich nicht zählt – damit die Enttäuschung nicht zu gross ausfällt. Aber am Ende zählte es, wir wurden Meister und durften ein grosses Fest machen.
Hatten Sie Angst, dass in diesen 2,5 Sekunden doch noch etwas passieren könnte – oder war es einfach ein Warten auf die Schlusssirene?
Ich bin nicht mehr ganz sicher, aber einen Schuss aufs Tor gab es sogar noch. Allerdings: Ein Tor in 2,5 Sekunden zu schiessen, ist auch im Eishockey fast unmöglich. Aber mit dem Kopf ist man schon nicht mehr ganz bei der Sache. Das war auch 2000 so, bei meinem ersten Titel mit Zürich: Lugano hätte in letzter Sekunde fast noch den Ausgleich geschossen – zum Glück ist das nicht passiert.
Bekannt wurde nach der Meisterfeier 2012 das Leserfoto mit Ihnen und dem Pokal im Tram. Wie hat Sie das geprägt?
Es war extrem, wie schnell dieses Foto an die Medien ging und sich verbreitete – das war teilweise fast beängstigend. Logischerweise wurden so meine Person und mein Gesicht etwas bekannter. Das habe ich nachher gespürt, auch auf der Strasse wurde ich mehr erkannt. Aber es änderte auch das Bewusstsein, wie schnell die Medien funktionieren können.
Ihr Rücktritt ist nun 2 Jahre her. Werden Sie immer noch so oft erkannt?
Es wird schon weniger, aber von den Hockeyfans wird man immer noch erkannt. Manchmal wäre es mir lieber, es ginge etwas schneller vorbei – aber es ist okay. Ich wohne ja auch gleich beim Stadion. Einmal sagte eine berühmte Person: Das einzige was bleibt, ist der Name. Und irgendwann wird das auch vorbei sein.