Von der Bundesliga bis in die Kreisklasse: Im deutschen Fussball ist Medikamentenmissbrauch offenbar an der Tagesordnung. Zu diesem Schluss kommt die ARD-Doku «Geheimsache Doping - Hau rein die Pille», die am Dienstag ausgestrahlt wurde.
1147 FussballerInnen, darunter 11 Profis und 1096 Aktive unterhalb der Regionalliga, nahmen an der Umfrage der ARD-Dopingredaktion und dem Recherchezentrum Correctiv teil. Darüber hinaus hat das Rechercheteam nach eigenen Angaben mit 150 Bundesliga-Spielern, Ex-Profis, Trainern, Teamärzten, Wissenschaftlern und Funktionären gesprochen.
Pillen wie Smarties
Neven Subotic vom Bundesligisten Union Berlin nahm als einer von wenigen Profis vor der Kamera Stellung. Der Verteidiger erklärte: «Was ich in den letzten 14 Jahren mitbekommen habe, ist, dass Ibuprofen wie Smarties verteilt wird. Für jedes kleine Aua gibt es quasi pauschal Ibuprofen.»
47 Prozent der Teilnehmer nehmen mehrmals pro Saison Schmerzmittel, 21 Prozent gar einmal pro Monat oder öfter. Als Grund gaben sie nicht nur die Bekämpfung akuter Schmerzen an, fast 42 Prozent der Teilnehmer wollen mit den Pillen Einfluss auf ihre Leistung nehmen. Konkret wollen sie die Belastbarkeit erhöhen, an Sicherheit gewinnen und den Kopf frei bekommen.
Fallen Schmerzmittel unter Doping?
Toni Graf-Baumann, Mitglied der medizinischen Fifa-Kommission, prangert seit vielen Jahren diesen alarmierenden Missbrauch an, zu dem auch die vorbeugende Einnahme von Mitteln zählt. Untersagt ist die Einnahme von Schmerzmitteln nicht. Sie stehen nicht auf der Verbotsliste der Welt-Anti-Doping-Agentur (Wada).
Dabei erfüllen die Mittel zwei Kriterien, die für eine Aufnahme in die Liste sprechen. «Die Kriterien Leistungssteigerung und Gesundheitsgefährdung sind erfüllt», urteilte Hans Geyer, Biochemiker im Doping-Analyselabor in Köln. Und ergänzte: «Nach meiner Auffassung widerspricht es auch der Ethik des Sports, wenn man nur mit Schmerzmitteln Sport treiben kann.»