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Hüsler verliert und verliert «Es ist im Moment schwierig, Freude als Tennisprofi zu haben»

Marc-Andrea Hüsler, bis letzten Sonntag während 10 Monaten die Nummer 1 der Schweiz, zieht dieses Jahr von Niederlage zu Niederlage.

Am Sonntag war für Marc-Andrea Hüsler die Welt noch in Ordnung. Bei der Spieler-Präsentation in Gstaad brandete riesiger Applaus für die damalige Nummer 1 der Schweiz auf. Hüsler formulierte hohe Ziele: «Das Ziel wäre es natürlich, das Turnier zu gewinnen. Ich habe das auch schon geschafft – nicht in Gstaad zwar, sondern letzten Herbst in Sofia –, deshalb weiss ich, dass das möglich ist.»

Einen Tag später aber platzten diese Träume. Gegen den Österreicher Jurji Rodionov (ATP 118) lief wieder einmal ein Spiel am 27-jährigen Zürcher vorbei. «Alles ging so schnell, dass ich jetzt gar nicht das Gefühl habe, ein Turnier gespielt zu haben.»

Die Nummer 1 der Schweiz ist Hüsler seit Montag nicht mehr. Stan Wawrinka (ATP 74) überholte ihn nach Wimbledon und distanzierte ihn um 10 Plätze. Hüsler befindet sich derzeit in einer äusserst schwierigen Lage.

Der Turniersieg in Sofia katapultierte ihn Anfang Oktober um 30 Plätze auf Position 64 in der Weltrangliste. Im Februar dieses Jahres knackte er die Top 50 (als Nummer 47). Bis zu diesem Zeitpunkt war es in seiner Karriere immer nur aufwärts gegangen. Jetzt geht's bergab. Hüsler belegt im Ranking noch Platz 84. In der Jahreswertung reicht es ihm bloss noch zu Platz 160 – nicht nur hinter Wawrinka, sondern auch hinter Dominic Stricker und Leandro Riedi.

Das Selbstvertrauen fehlt.
Autor: Marc-Andrea Hüsler

«Anfang Jahr nahm ich mir viel vor. Mittlerweile ist mir klar, wie schwierig es ist, auf der Tour auch nur einzelne Spiele zu gewinnen», so Hüsler. Dabei ist er überzeugt, dass «ich der viel bessere Spieler bin als vor einem Jahr» – und zwar in jeder Hinsicht.

Die Ergebnisse widerspiegeln das nicht. Der wertvollste Sieg, das 6:2, 7:6 im Davis Cup gegen Alexander Zverev, warf keine Weltranglistenpunkte ab. Auf der ATP-Tour kassierte er 12 Startniederlagen – und traf dabei nie auch nur auf einen Widersacher aus den Top 50 des Rankings. 5 der 12 Erstrunden-Niederlagen resultierten wie zuletzt in Wimbledon (nach einer 2:0-Satzführung gegen Yosuke Watanuki) und in Gstaad gegen Rodionov gegen Gegner von ausserhalb der Top 100.

«Das Selbstvertrauen fehlt. Und in Gstaad habe ich in 6 Jahren noch nicht herausgefunden, wie ich spielen müsste», so Hüsler. Im Saanenland ist bei 5 Starts die Ausbeute ähnlich schlecht wie in diesem Jahr auf der Tour: Einem einzigen Sieg (2018 gegen Nicolas Almagro) stehen 5 Niederlagen gegenüber.

Die Suche nach Siegen und Selbstvertrauen geht für Hüsler nächste Woche am ATP-250-Turnier im kroatischen Umag weiter – ganz nach dem Motto: nächste Woche, nächste Stadt.

«Im Moment ist es für mich schwierig, Freude zu haben am Beruf des Tennisprofis», sagt der Zürcher. Diese Woche in Gstaad habe es gewiss nicht besser gemacht. «Aber das ist das Schöne am Tennis: Schon beim nächsten Turnier kann alles anders sein – kann alles plötzlich wieder laufen und niemand kann einem erklären, warum es plötzlich wieder läuft.»

Tennis

Radio SRF 1, Abend-Bulletin, 18.7.2023, 18:45 Uhr ; 

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