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Bühne Viel Theater um einen Tunnel: Volker Hesses Gotthard-Spektakel

Einfach einen Jodlerchor hinstellen? Geht irgendwie nicht, wenn der längste Eisenbahntunnel der Welt eröffnet wird. Für den künstlerischen Rahmen war Theatermann Volker Hesse zuständig. Am Spektakel waren rund 150 Laien beteiligt. Der Probebesuch kurz vor der Aufführung begann mit einer Warnung.

«Bloss nicht träumen!», rät Regieassistentin Rita Kälin jedem, der das Festgelände betritt: «In der Halle ist es verdammt gefährlich.»

Video zum Thema

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Sehen Sie hier das Video der ganzen Inszenierung von Volker Hesse am Tag der Gotthard-Eröffnung.

Tatsächlich: Vorsicht ist angebracht in der riesigen Halle am Rand von Erstfeld, Kanton Uri, gut einen Kilometer vor dem neuen Tunneleingang: Güterwaggons rollen durch die Halle, von der Decke baumeln Eisenstangen, Pferde warten auf ihren Einsatz. Und überall wuseln Artisten, Tontechniker, Schauspielerinnen in orangefarbenen Overalls. Sie alle proben für das Theaterspektakel, das am 1. Juni die Eröffnungsfeier des Gotthard-Basistunnels begleiten wird.

Keine selbstgefällige Show

Volker Hesse

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Ein älterer Herr mit orangefarbener Weste.
Legende: Keystone

Geb. 1944, leitete der deutsche Theaterregisseur von 1993 bis 1999 das Zürcher Theater am Neumarkt. Später inszenierte er Grossproduktionen wie das Einsiedler Welttheater (2000 und 2007) und die Tellspiele in Altdorf (2008 und 2012). 2010 erhielt Hesse den Hans Reinhart-Ring, die höchste Auszeichnung in der Schweizer Theaterszene.

«An diesem Tag ist etwas Pathos angebracht», sagt der Mann, der hinter dem Spektakel steht: Volker Hesse. Der deutsche Theaterregisseur ist erfahren, was Grossproduktionen betrifft – zweimal inszenierte er das Welttheater in Einsiedeln, zweimal die Tellspiele in Altdorf.

Nun also der Gotthard, das Jahrhundertereignis. Rund 800 Personen sind zur Eröffnung alleine am Nordportal geladen, darunter viel Prominenz wie François Hollande oder Angela Merkel. Klar, dass da eine Blaskapelle nicht reicht als Showact.

Aber Spektakel allein ist Hesses Sache nicht, eine selbstgefällige Show erst recht nicht: «Ich möchte bei der Eröffnung zeigen, dass der Fortschritt auch eine erschreckende Seite hat – dass das Kühne der Technik immer auch mit Opfern verbunden ist.»

Mit einem Heer von Freiwilligen

Die 30-minütige Show beginnt entsprechend düster: Arbeiter marschieren im Gleichschritt durch die Halle, begleitet durch dumpfe Trommelschläge. Später flirren Dämonen, Teufelsgestalten und lebendige Heuhaufen durch den Raum – der Gotthard als mythischer Ort.

Gesprochen wird dabei nicht, das war eine der wenigen Vorgaben des Veranstalters Alptransit. Stattdessen setzt Hesse auf Musik und Gesang, Videoprojektionen und Profi-Artisten am Boden und in der Luft. Und auf ein Heer von Freiwilligen.

Aus Lehrerinnen werden Hyänen

Tunnelgeschichten

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Es ist eine eigene Welt untertags. «DOK» zeigt Menschen im Berg: Tunnelbauer, Ingenieure und Schatzsucher – Gesichter des Gotthards.

Wie schon in Einsiedeln und Altdorf spielen auch in der Gotthard-Produktion Laienschauspieler mit: Rund 150 Leute aus der Gegend, von Altdorf bis Andermatt, vom Schüler bis zum Rentner. Warum Laien? «Es interessiert mich als Theatermann, wie sich Menschen durch eine bestimmte Arbeit verändern können», sagt Hesse. «Wenn ich etwa, wie in Altdorf, aus ehrenwerten Lehrerinnen oder Drogistinnen wilde Hyänen machten konnte: Das ist ein Vorgang, der in seiner elementaren Wucht ganz anders ist als bei exhibitionsgewohnten Schauspielern.» Das einzig Schwierige: «Laien brauchen genügend Zeit, damit solche Veränderung passieren.»

Nun, zahlreiche Probewochenenden später, sind aus den Kindergärtnerinnen, Schreinern und Coiffeusen Theaterprofis geworden. Das zeigt auch der Blick hinter die Bühne: Routiniert tauschen die Darsteller zwischen zwei Szenen ihre Kostüme, Arbeiterkluft gegen die Tracht, Dämonenmaske gegen Strohhut. Eng ist es und heiss, man riecht den Schweiss – und spürt die angespannte Konzentration.

Mythen, Opfer, Sehnsüchte

Wenn sich Volker Hesse etwas erhofft von seiner Inszenierung, dann dies: «Dass die Vielschichtigkeit des Bergs deutlich wird – und dabei Gedankenanstösse zustande kommen oder Sehnsüchte geweckt werden.» So wird man am 1. Juni um Punkt 12 Uhr vielleicht nachdenken über den Mythos Gotthard, seine Opfer, oder einfach über die nächste Reise in den Süden. Spätestens dann wird man in Erstfeld auch wieder träumen dürfen.

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