Zwei hängende Brüste liegen auf einem dicken Bauch, umrahmt von zwei massigen Armen. Die Kamera ist nah dran. Entfernt sich langsam. Die Hand von einem Arzt kommt ins Bild und packt den oberen Teil des Bauches. Die Kamera entfernt sich noch ein Stück. Jetzt nähert sich ein Hautfaltenmessgerät und misst die obere Hälfte des Bauches.
Das sind die ersten Sekunden des belgisch-schweizerischen Dramas «Bouboule». Man ist sofort mittendrin: Der 12-jährige Kevin hat seit seinem letzten Arztbesuch zugenommen. Er wiegt jetzt 101 Kilogramm. Damit ist er stark übergewichtig. Der Arzt hat nur einen Rat für ihn: abnehmen!
Regisseur verarbeitet sein Kindheitstrauma
«Bouboule», was auf Deutsch «Fettwanst» bedeutet, ist ein feinfühliger Film über ein Thema, das hochaktuell ist: In der Schweiz ist jeder fünfte Schüler übergewichtig. Der Regisseur Bruno Deville war als Kind selber übergewichtig und wurde deswegen gehänselt. In «Bouboule» erzählt er von seinem persönlichen Kindheitstrauma. Bruno Deville brachte in seiner schwersten Zeit 100 Kilo auf die Waage.
«Bouboule» ist aber auch die Geschichte von Schauspieler David Thielemans. Er verkörpert im Film den dicken Teenager Kevin. Schauspieler und Filmfigur haben mehr gemeinsam als den Bauchumfang: David Thielemans hat auch zwei Schwestern und wurde wegen seiner Fettleibigkeit gemobbt.
Deshalb konnte er sich sehr gut in die Figur hineinversetzen. Er ist die perfekte Besetzung. Es ist sein erster Film. Man merkt, dass ihm viele Situationen – wie zum Beispiel den anfänglichen Arztbesuch – vertraut sind. Das macht «Bouboule» authentisch.
Kinostart: 4.06.2015
Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Kultur kompakt, 3.6.2015, 8.10 Uhr.