Payerne, 1942: In dem kleinen Städtchen in der Westschweiz beschliessen ein paar junge Männer zu Hitlers Geburtstag ein Exempel zu statuieren. Sie wollen einen Juden umbringen, um ihre Treue zum Führer unter Beweis zu stellen. Opfer soll der jüdische Viehhändler Arthur Bloch (Bruno Ganz) werden.
Payerne ist die Stadt der Metzger. Die Erde riecht nach Blut der Rinder und Säue, die hier seit Jahrhunderten geschlachtet werden. Es ist eine harte Zeit, Fabriken schliessen, Höfe müssen verkauft werden.
Im Film wird schnell klar, dass aus einem normalen Bauern und seiner gescheiterten Existenz auch ein Mörder werden kann. Unter Anleitung eines sadistischen Naziverehrers kommt eine Handvoll solcher Existenzen zusammen und beschliesst ihre Tat umzusetzen.
Banalität des Bösen
Regisseur Jacob Berger versucht diese «Banalität des Bösen» in Filmtableaus zu fassen. Er bleibt auf Distanz, lässt in totalen Einstellungen spielen und will das Thema in die Gegenwart holen.
Für ihn sind die Willkür in der Auswahl des Opfers, die Unbeholfenheit der Täter und die daraus resultierende Brutalität ein Hinweis darauf, dass die Barbarei jederzeit zuschlagen kann.
Er verweist dabei auf die religiösen Fundamentalisten und die dabei entstehende Angst vor dem Terror.
Stilmittel der Gegenwart
Berger verwendet ein paar Kniffe, um die Geschichte aus den 1940er-Jahren ins Heute zu holen.
So baut er den Schriftsteller Jacques Chessex ein, der 2009 mit einem Buch diesen Fall aufgearbeitet hatte und damit in Payerne ein Erdbeben der Empörung auslöste. Er hatte als achtjähriger Junge diese Geschichte miterlebt und nie mehr vergessen können.
Um nicht der Ästhetik der üblichen Nazifilme zu verfallen, verwendet Berger neben Kostümen von damals auch solche von heute.
Diese Vermischung (Polizeiuniformen von heute, Autogaragen von damals) vermag als Stilmittel aber nicht immer zu überzeugen.
Bittere Kenntnis
Als der Viehhändler Bloch ermordet und zerstückelt im See versenkt wird und der Mantel des Schweigens auf Payerne fällt, springt der Film vollends in die Gegenwart.
Denn als Chessex 2009 seine Aufarbeitung des Falls veröffentlichte, erlebte er eine Hetzkampagne, die er nicht für möglich gehalten hätte. Auch die ist abgebildet.
So entstehen im Film zwei Teile: eine historische Annäherung an den Fall Bloch und die bittere Erkenntnis, dass die dunklen Kapitel der Geschichte viel Zeit brauchen, um überhaupt verarbeitet werden zu können.
Kinostart: 15.09.2016
Sendung: Kultur Aktuell, 14.9.2016 um 8.10 Uhr auf Radio SRF 2 Kultur