In Frankreich feierte Ihr Film «Spartiates» erst am 13. November Premiere, bei uns war er bereits im Januar in Solothurn vorgestellt worden. Warum hat das so lang gedauert?
Nun, ein Teil davon hat sicher mit organisatorischen Dingen zu tun. Andererseits habe ich aber auch bemerkt, dass es einigen Widerstand gegen den Film gab. An zwei Orten wurde mir zugesichert, der Film würde gezeigt. Als sie ihn gesehen haben, haben sie mir abgesagt. Aus technischen Gründen.
Wieso? Beim ersten Auftritt an den Solothurner Filmtagen wurde «Spartiates» ja ausgezeichnet.
Nun, es ist natürlich nicht das erste Mal, dass ein Dokumentarfilm, der nicht schonungsvoll mit der Realität umgeht, in anderen Ländern besser ankommt als dort, wo er gedreht wurde. Andererseits werde ich das Gefühl nicht los, dass es hier auch um anderes geht. Wenn ich mir die kulturelle Szene Frankreichs anschaue, überrascht mich das nicht.
Warum?
Es geht um die Linke Frankreichs, die kulturelle Elite. Diese Menschen wollen einem republikanischen Ideal Frankreichs nachleben. Wer da nicht mitmacht, der passt nichts ins Bild. Meine Hauptfigur Yvan Sorel ist so einer. Der nimmt sein Schicksal in die Hand, ohne irgendeinen politischen oder philosophischen oder pädagogischen Hintergrund. Der will nicht warten, bis sich jemand seiner annimmt. Also lebt er sein Leben und hilft anderen, wie er kann. Aber das passt nicht zum linken Ideal der französischen Republik, in der sich alle einem Ideal unterstellen sollen. In Montréal, wo ich lebe, ist es anders, man ist toleranter gegenüber dem Anderssein. Das ist eine angelsächsische Haltung, die anders auf das Fremde reagiert.
Eigentlich ist das erstaunlich, denn man könnte diese Reaktion von der Rechten erwarten?
Stimmt, aber ich denke, die Linke in Frankreich ist manchmal recht reaktionär. Mir geht es in meinen Filmen um soziale Gerechtigkeit, nicht um ein republikanisches Ideal. Ich stehe dafür ein, mit all meinen Filmen, das ist mein Engagement. Mir ist es auch wichtig, dass man Filme diskutiert oder auch negativ kritisiert, auch bei meinen eigenen. Montage, Dramaturgie, Bildauswahl – darüber diskutiere ich gerne. Aber es gefällt mir nicht, wenn bei «Spartiates» diese erwähnte kulturelle Elite über politische oder ideologische Haltungen urteilt, statt über konkrete filmische Kriterien zu sprechen.
Und wie geht es nun weiter mit «Spartiates» in Frankreich?
Ich denke, es wird ein Kampf bleiben für meinen Film. Momentan glaube ich, man will «Spartiates» nicht, weil man diesen Yvan Sorel nicht will oder nicht sehen will. So seh ich das und das macht mich recht traurig, denn es gibt in Frankreich die alltägliche Realität und ein Yvan Sorel ist ein wichtiger Teil davon. Wir werden sehen, aber eines ist klar: Es gibt den Film, man kann ihn nicht wegreden.