Erigierte Glieder? Oralsex? SM-Sexpraktiken? Wer das Buch gelesen hat, war gespannt ob und wie diese Szenen im Film daherkommen. Um es vorwegzunehmen: In diesem Werk gibt es gar nichts davon! Würde Disney einen Sadomaso-Film machen, würde er ungefähr so aussehen. Der im Vorfeld als Skandal-Porno zelebrierte Film beginnt langsam. Sehr langsam.
Man sieht, wie sich die Studentin Anastasia Steele und der Multimillionär Christian Grey kennenlernen. Sich bei einem Fotoshooting treffen. Sich zum Kaffee verabreden. Sich in seinem Apartment unterhalten. Das dauert ungefähr 40 Minuten. Auf das ewige Kennenlernen folgt die Entjungferung. Und dann dauert es nochmal so lange, bis Mr. Grey das erste Mal die Peitsche auf Anastasias‘ Körper schnellen lässt.
Das stärkste Zitat
Anastasia Steele: «Für ein solches Imperium sind sie sehr jung. Worauf stützt sich Ihr Erfolg?» – Christian Grey: «Ich übe in allen Bereichen des Lebens Kontrolle aus, Miss Steele.»
Der Schauspieler
Was haben der Serienkiller Paul Spector aus der BBC-Serie «The Fall» und der Sex-Dominator Christian Grey im Erotik-Drama «Fifty Shades of Grey» gemeinsam? Nichts? Falsch! Beide werden sexuell erregt, wenn sie Frauen dominieren. Beide empfinden Befriedigung, wenn sie Schmerzen zufügen können. Und: Beide werden vom irischen Schauspieler Jamie Dornan gespielt. Die Rolle des Serienkillers steht dem irischen Schauspieler eindeutig besser als die des gefühllosen Multimillionärs. Die Figur von Christian Grey ist im Roman ein Kontrollfreak, ein in sich gekehrter Mann. Jamie Dornan schafft es nicht, diese Strenge glaubwürdig auf die Leinwand zu bringen.
Fakten, die man wissen sollte
Kurz vor dem Kinostart riefen Aktivistinnen in den USA auf, den Film zu boykottieren. Grund: Das Erotik-Drama verherrliche Gewalt an Frauen. Ausserdem suggeriere der Film ein falsches Beziehungs-Bild: Wenn der Mann oft genug dränge, werde die Frau schon irgendwann mitmachen, auch wenn sie es eigentlich nicht will. Dies sei eine Manipulation des Mannes gegenüber der Frau. Die Frauenrechtlerinnen fordern die Leute auf, ihr Geld einem Frauenhaus zu spenden, statt die Kinokassen damit zu füllen. Wer den Film gesehen hat, weiss: Es ist alles halb so wild. Die Heldin lässt sich freiwillig auf ein Sex-Abenteuer ein. Sie unterwirft sich bei SM-Spielchen, aber selbstbestimmt und nur so lange sie es will.
Das Urteil
«Fifty Shades of Grey» ist ein fast sexloses Erotik-Drama mit leichtem Hang zur Komödie. Für Hollywood-Verhältnisse wagt dieser Film in Bezug auf Nacktheit und Kopulation schon sehr viel. Aber im Zeitalter von Internet-Pornos ist die Romanverfilmung völlig harmlos und teilweise unfreiwillig komisch und verkrampft. Wer auf Romanzen steht, gerne lacht und nichts gegen sanften SM-Sex im Kino hat, der ist in diesem Film genau richtig.