Rosa von Praunheim, Ihr neuer Film heisst «Härte». Bezogen auf den Mann, den Sie darin porträtieren, bedeutet das: hart im Geben, aber auch hart im Nehmen.
Genau. Andreas Marquardt war in den Siebzigern ein weltbekannter Karatekämpfer, der alle möglichen internationalen Titel gewann. Auf der anderen Seite wurde er aber als Kind von seiner Mutter massiv sexuell missbraucht, vom sechsten bis zum vierzehnten Lebensjahr. Das hat sein ganzes Leben geprägt, und auch seine kriminelle Karriere.
Sie stellen da eine klare Kausalität her: Dass Marquardt trotz Sporterfolgen zu einem Zuhälter wurde, der Frauen ausnutzte und schlug, ist eine eindeutige Reaktion auf seine Vergangenheit als Missbrauchsopfer. Nur: Seine Lebenspartnerin wurde ebenfalls missbraucht, und im völligen Gegensatz zu ihm wurde sie krankhaft unterwürfig.
Ja, die beiden haben sich gefunden, aber der Anfang war natürlich problematisch: Er hat sie in sich verliebt gemacht, um sie dann auf den Strich zu schicken – wie viele andere Frauen auch. Sie sah aber von Anfang an einen Gott in ihm, den Mann ihres Lebens, und als er jahrelang in den Knast kam, da stand sie zu ihm – das tut sie bis heute.
Mittlerweile ist er natürlich ein neuer Mensch, der im gemeinsam betriebenen Sportstudio schwierige Kinder trainiert. Aber wie er selbst sagt: Er hat Gewalt ausgeübt, und das kann er nicht ungeschehen machen.
Um diese Gewalt unbeschönigt zeigen zu können, haben Sie eine spezielle Form gewählt: Marquardt und seine Partnerin werden in schwarz-weissen Rückblenden von zwei jungen Schauspielern verkörpert. Wie kamen Sie zu dieser Form?
Zuerst war eine kommerzielle Produktionsfirma an dem Stoff interessiert, die wollte das sensationell aufarbeiten, mit viel Action – aber Marquardt mochte das nicht. Mein Ansatz war es dann, alles authentisch zu machen. So wurde daraus ein Spielfilm mit dokumentarischer Rahmenhandlung. Beim Drehen dieser «gestellten» Szenen war Marquardt übrigens oft beratend dabei.
Und dank den Schauspielern spürt man die Drastik des Vorgefallenen.
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Natürlich – die grossartigen Schauspieler, Hanno Koffler und Luise Heyer, sorgen dafür, dass man erschüttert ist von der Brutalität dieses Mannes, und von all dem, was diese Frau ertragen hat. So konnte ich der Frage nachgehen, wie er dieses diktatorische System überhaupt aufgebaut und aufrecht erhalten hat – bis er in den Knast musste.
Für diese Machtverhältnisse und deren Ursprung interessieren Sie sich weit mehr als für das «danach». Andreas Marquard hat seine Autobiografie «Mein Weg aus dem Teufelskreis der Gewalt» benannt – doch diese Kernbotschaft wird im Film kaum angesprochen.
Natürlich hat er sich komplett verändert, aber das ist nicht die spannende Geschichte. Mittlerweile wurde er sogar vom Papst empfangen, weil er zu einer Gruppe von Straftätern gehört, die sich gewandelt haben. Auch ich kenne ihn nur als diesen «neuen» Menschen, und so war es für mich schwer nachvollziehbar, dass da einmal diese Brutalität gewesen sein muss – aber sie war es wohl. Dehalb hat mich das Machtsystem interessiert, das wir auch aus dem Politischen kennen: Wie einer ganz gezielt zum Unterdrücker wird, und woher dann auch noch dieser Masochismus der Frau kommt, sich so unterdrücken zu lassen.
Und die Antwort darauf wäre: «aus Liebe»?
Natürlich ist es eine Liebesgeschichte! Und sie geht ja auch gut aus.