Im Filmgeschäft meint «Development Hell» die langwierige, oft Jahre verschlingende Stoff- und Drehbuchentwicklung. Eine Phase des Prozesses, von der Idee bis zum drehreifen Drehbuch wird als besonders höllisch empfunden – und gerne vermieden, umgangen, übersprungen: das Treatment.
Obschon Kern der Stoffentwicklung, gibt es zu Form und Funktion eines Treatments (engl. treatment: Behandlung, Bearbeitung) keine einheitlichen Regeln. Neigen viele Autorinnen und Autoren deshalb dazu, nach der erfolgreichen Darlegung ihrer Filmidee auf 5 bis 15 Seiten (Exposé) schnellstmöglich mit der ersten Drehbuchfassung beginnen zu wollen?
Utopie des Autorenfilmers
Vielleicht gibt es über die Treatment-Phase deshalb keinen Konsens, weil unsere Filmkultur auf einer Utopie beruht. Autorenfilmer, die in Personalunion sowohl herausragende Autoren als auch begnadete Regisseure sind, brauchen kein Treatment. Sie geniessen das Privileg, ihre Vision auf direktem Weg selbst umsetzen zu können, ohne andere überzeugen zu müssen. Leider ist diese Spezies selten. In einem kleinen Land noch seltener.
Vielen Drehbuchautorinnen und -autoren sitzt der Autorenfilm im Nacken. Diese Vorstellung, sie müssten im Alleingang genial sein. Sie scheinen zu befürchten, dass im Treatment nicht nur ihre Idee einer intensiven Behandlung unterzogen – sondern auch sie selbst.
Teamwork ist alles
Filmproduktion, wie sie bei SRF gepflegt wird, ist Teamwork. Ein Kreativitätsprozess, dessen Endergebnis im besten Fall mehr ist als die Summe von Einzelleistungen. Filmisches Genie manifestiert sich im Kollektiv.
Zum Kollektiv gehört auch das Publikum. Der Fernsehzuschauer oder die Kinogängerin sitzt quasi auch schon am Tisch. Denn bereits in der Treatment-Phase muss man überlegen, an welche Zuschauer sich der Film richten soll.
Im Treatment schliesst sich der Kreis, der mit der Idee einer Autorin oder eines Autoren begann. Das Treatment spinnt diese Idee weiter zu einer gereiften Geschichte, aus der das Drehbuch und letztlich der Film entsteht.
Das Drehbuch entsteht fast wie von selbst
Ziel der «Behandlung» von Stoff und Autor ist eine im Präsens verfasste, detaillierte Handlungsbeschreibung der Filmgeschichte auf maximal 40 Seiten. Diese lässt bereits die dramatische Struktur des Drehbuchs sowie Wirkungsweise, Genre und Stil des zu erwartenden Films erkennen.
In der Regel noch ohne jeden Dialog werden die Informationen vermittelt, die notwendig sind, um die Motivationen der handelnden Figuren in den Haupt- und Nebengeschichten zu verstehen. Alle wichtigen dramatischen Szenen sitzen an der richtigen Stelle und erfahren eine entsprechende emotionale Zuspitzung.
Autorinnen und Autoren, die sich in Begleitung eines wohlwollenden, aber auch unbequem fragenden Sparringpartners (Co-Autor, Produzentin, Dramaturg, Redaktorin) auf das Abenteuer Treatment einlassen, machen in der Regel eine wertvolle Erfahrung: Die erste Drehbuchfassung schreibt sich danach fast wie von selbst.