Die Kritik an der Oscar-Academy war heftig – und sie zog in den letzten Tagen immer weitere Kreise: Zahlreiche Hollywood-Grössen kündigten an, der Oscar-Gala am 28. Februar aus Protest fernzubleiben. Auf Twitter entbrannte unter dem Hashtag #OscarsSoWhite ein Sturm der Entrüstung.
Grund für den Ärger war die einseitige Auswahl der diesjährigen Oscar-Anwärter: Nach 2015 hatte die Film-Akademie auch dieses Jahr Afroamerikaner in den vier Schauspielkategorien völlig übergangen.
Mehr Frauen, mehr Minderheiten
Nun sah sich die Oscar-Academy gezwungen zu reagieren. Am Wochenende kündigte sie an, künftig mehr Vielfalt schaffen zu wollen: Neue Mitgliedsregeln und eine Erweiterung des Vorstands sollen es richten. Mit diesen «historischen Massnahmen» will der Verband mehr Frauen und Minderheiten in die über 6000 Mitglieder starke Organisation aufnehmen.
Konkret setzt sich der Academy-Vorstand zum Ziel, die Zahl von Frauen und Minderheiten bis zum Jahr 2020 zu verdoppeln. Ausserdem soll das bisherige lebenslange Stimmrecht auf zehn Jahre beschränkt werden – eine Verlängerung ist nur dann möglich, wenn das Mitglied weiter aktiv im Filmgeschäft tätig ist. Und bei der jährlichen Berufung neuer Mitglieder soll aus einem vielfältigeren Pool mit Augenmerk auf Minderheiten geschöpft werden.
«Ein langer, schwieriger Weg»
Die schwarze US-Regisseurin Ava DuVernay («Selma») begrüsste die Ankündigung der Akademie am Freitag als «einen guten Schritt auf einem langen, schwierigen Weg für farbige Menschen und Frauen». Noch Ende letzter Woche hielt sie sich aus den Diskussionen um «Weisse Oscars» eher heraus, wie sie gegenüber Radio SRF 2 Kultur sagte. Sie warnte zudem davor, den «Hollywood-Zirkus» zu wichtig zu nehmen. Vielmehr sei sie entschlossen, eine einflussreiche Alternative zu schaffen – mit einer eigenen Vertriebsfirma, sie sich ausschliesslich auf afroamerikanische Filme konzentriert.
Eine Reform der Academy-Strukturen ist das eine – Veränderung kann aber auch das Kinopublikum selbst bewirken. Diese Meinung vertrat New York-Kulturkorrespondentin Sacha Verna gegenüber Radio SRF 2 Kultur: Letztlich entscheide die Kinokasse, was produziert wird. Und so lange das Publikum vor allem weisse Filme, weisse Helden und weisse Dramen sehen will, steigt auch der Druck auf die Studiobosse nicht, andere Inhalte zu produzieren.
Abzuwarten bleibt, ob die Stars nun, nach den angekündigten Reformen, ihren Boykott immer noch wahr machen werden. Einer zumindest wird mit Sicherheit fehlen: Spike Lee. Er zieht Basketball der Oscar-Gala vor, wie er der LA Times sagte: «I’m going to the Knicks game.»