Im Winter 1833/34 machte sich Angst breit in Wohlenschwil und den umliegenden Gemeinden. Innert weniger Tage war die Postkutsche auf dem Weg von Aarau nach Zürich vier Mal ausgeraubt worden. Am 10. Januar 1834 standen in Wohlenschwil zwei Häuser in Flammen.
Verletzte und Tote
Ein zehnjähriger Junge kam ums Leben, 46 Menschen waren obdachlos. Am 7. Februar brannten fünf Häuser im Nachbardorf Mägenwil. Die 35-jährige Jungfer Justa Huber konnte nur noch tot geborgen werden. Wenige Tage später brannte es in Wohlenschwil, dann in Birrhard. Wieder gab es Verletzte; wieder verlor über ein Dutzend Menschen Hab und Gut. Es war klar, dass da ein Räuber und Brandstifter sein Unwesen trieb. Doch wer war das und warum diese Verbrechen?
Der Verdacht
Der Verdacht richtete sich schnell gegen Peter Welti, den 35-jährigen Dorfpfarrer von Wohlenschwil. Es war bekannt, dass Welti hohe Schulden hatte. Was zuerst nur als Gerücht kursierte, wurde bald zur Tatsache: Pfarrer Welti war an allen Brandorten kurz vor Brandausbruch gesehen worden; Welti betätigte sich auch jedes Mal als Helfer, rettete Kinder und Vieh aus den Flammen. Da richtete sich der Zorn des Volkes gegen den Pfarrer. Um ihn vor dem Mob zu schützen und den Verdächtigungen nachgehen zu können, wurde Welti festgenommen und tagelang verhört.
Pfarrer streitet alles ab
Die Indizien waren eindeutig. Die Polizei fand im Pfarrhaus die Werkzeuge des Postkutschenüberfalls, man konnte Welti nachweisen, dass er mit dem geraubten Geld Schulden bezahlt hatte. Ausserdem kam heraus, dass er Spenden unterschlagen und seine Köchin geschwängert hatte. Er konnte seine Präsenz an den Brandorten nicht glaubhaft erklären. Dennoch stritt Welti alles ab, wehrte sich in umfangreichen Zeitungsartikeln gegen die Zerstörung seiner Ehre durch die Justiz. Parallel dazu versuchte er mehrmals aus dem Gefängnis auszubrechen. Nicht er, sondern Mäuse und Ratten hätten den Mörtel von den Steinen gelöst, behauptete er nach einer missglückten Flucht.
Aus Scham gestorben
Nach wochenlanger Isolationshaft bricht Welti zusammen und gesteht. Ja, er hat alle ihm zur Last gelegten Schandtaten begangen. Er hat die Postkutsche überfallen, alle Brände gelegt, Geld ertrogen und unterschlagen. Sein Motiv: hohe Schulden. Eigentlich wollte er ja nur das Pfarrhaus anzünden und dann die überhöhte Versicherungssumme kassieren. Damit niemand Verdacht schöpft, steckt er ringsum verschiedenste Häuser in Brand. Das Pfarrhaus sollte nur eines von vielen brennenden Häusern sein. Doch ausgerechnet sein Versuch, auch das Pfarrhaus in Flammen aufgehen zu lassen, scheitert.
Welti erzählt den Untersuchungsrichtern zudem, auf welch' tragische Weise die Jungfer Huber beim Brand in Mägenwil ums Leben gekommen ist: Sie war nackt aus dem brennenden Haus gestürmt, hatte den Pfarrer erblickt und war aus lauter Scham zurück ins Haus gerannt und damit in den Tod.
Hinrichtung als Volksfest
Welti weiss, dass er zum Tode verurteilt wird. Er verfasst ein umfangreiches Geständnis samt ausführlicher Lebensgeschichte. Auf ein Gnadengesuch verzichtet er. Am 4. September 1834 wird Johann Welti beim Landvogteischloss Baden durch das Schwert hingerichtet. Über zehntausend Zuschauer verfolgen das Spektakel. Später beklagen die Zeitungen, dass die Hinrichtung keinesfalls ein besinnliches Ereignis gewesen sei, sondern zu einem Volksfest ausgeartet sei. Die Leute hätten sich laut und unflätig benommen, hätten gesoffen und sich geprügelt, so dass die Polizei alle Hände voll zu tun gehabt habe.