«Kollektivet» beginnt fröhlich, mit einem grossen geerbten Haus und einer verrückten Idee. Erik (Ulrich Thomsen) ist Architekt, unterrichtet an der Hochschule. Sein Elternhaus würde er am liebsten so schnell wie möglich verkaufen. Aber seine Frau Anna (Trine Dyrholm), Nachrichtensprecherin beim dänischen Fernsehen, und seine Tochter Freja (Martha Sofie Wallstrøm Hansen) träumen von einem Haus voller Leben.
Gemeinsam bringen sie Erik dazu, Einzelfreunde und befreundete Paare zur Wohngemeinschaft einzuladen. Es geht nicht um die revolutionäre Kommune ohne fixe Partnerschaften, sondern um eine Hausgemeinschaft, ein Kollektiv.
Bier-Amnestie
Ähnlich wie seinerzeit Lukas Moodyson mit dem Film «Tillsammans» erzeugt Vinterberg eine fröhliche Aufbruchsstimmung. Erik mag sich instinktiv sträuben; die Aufnahmegespräche mit den künftigen Mitbewohnern des Hauses werden zu einer fröhlichen Angelegenheit. Bald lebt die skurrile Gruppe recht gut und einigermassen organisiert im gemeinsamen Haushalt.
Haussitzungen klären Probleme und schaffen demokratische Entscheide. Dazu gehört auch eine Bier-Amnestie. Weil die Bewohner immer wieder vergessen, sich in die Liste einzutragen, wenn sie sich ein Bier aus der Küche geholt haben, schlägt Ole (Lars Ranthe) vor, die aufgelaufene Rechnung aus der Gemeinschaftskasse zu zahlen und mit der Liste neu anzufangen.
Jenseits aller Erwartungen
Ganz ähnlich geht die Gruppe vor, als sich Erik in eine seiner Studentinnen verliebt. Aus Angst, ihn ganz zu verlieren, schlägt Anna vor, das Kollektiv solle die junge Emma doch einfach in die Gemeinschaft aufnehmen. Was denn auch passiert. Aber erst, nachdem Erik in einem Wutanfall gedroht hat, sonst überhaupt alle aus dem Haus zu schmeissen.
Dass sich Anna und Erik und Emma und Tochter Freja mit dem Arrangement übernommen haben, ist absehbar. Aber Thomas Vinterberg inszeniert seinen Film jenseits aller Erwartungen. Seine Figuren sind vernünftiger, als man es erwarten würde, und dann wieder unberechenbarer.
Packend und rührend
Das Kollektiv wird nie als Utopie denunziert, die schwierigen und die grossartigen Seiten der Wohngemeinschaft sind stets spürbar, der Film ist randvoll mit tollen und auch schmerzlichen Szenen.
Erst als eine Entscheidung unumgänglich wird, wird sie auch gefällt. Von überraschender Seite und mit überraschender Konsequenz. In seinen letzten Einstellungen macht der Film unmissverständlich klar, dass jede Form des Zusammenlebens für die Menschen zu schmerzlichen Abschieden und neuen Hoffnungen führt, dass es der Gang des Lebens selber ist, das Älterwerden, der zu Ablösungen führt, zu Abschieden, zu neuen Anfängen.
Und da ist der Film, der fast durchgehend zu packen, zu rühren und zu überzeugen weiss, dann auf einmal auf unerwartete Weise überwältigend.
Kinostart: 21.04.2016