Morgendämmerung im Seebad Pâquis im Genfer Hafen. Der erste Schwimmer macht sich bereit zum Sprung ins kühle Nass. Ein Tag wie jeder andere? Nicht ganz. Zu den Klängen von Mich Gerbers Kontrabassspiel erhebt sich nicht nur eine schwarze Sonne, sondern auch der Berner Musiker mitsamt seinem Instrument aus dem See. Währen die Schwimmer ihre Bahnen ziehen, steigen die Noten der hypnotischen Musik in den Himmel, wo sie Möwen mit ihren Schnäbeln auffangen.
Was war das? Man reibt sich verwundert die Augen, erwacht aus einem Traum. Es ist nicht Morgen in Genf, es ist Abend in einem Kinosaal in Baden.
Breites Spektrum an Schweizer Kurzfilmen
Der Kurzfilm, der gerade über die Leinwand flimmerte, ist das poetische Stimmungsbild «Aubade» (Trailer) des Filmemachers Mauro Carraro (Nadasdy Film, Genf). Im nationalen Wettbewerb des Festivals für Animationsfilm Fantoche in Baden ist es nicht das einzige Werk, das diese Tage in Traumwelten entführt.
Die helvetischen Kurzfilme können sich mühelos mit der internationalen Konkurrenz am Festival messen. Der Schweizer Wettbewerb umfasst 30 Beiträge, die mit vielfältigen Animationstechniken unterschiedlichste Themen behandeln. Das Spektrum reicht von der düsteren Zeichenanimation «L’île noire» in Schwarz-Weiss über den experimentellen, schwindelerregenden Musikclip «The Time Tunnel» bis zur bunten, witzigen Computeranimation «Oh Wal» (Trailer).
Fiese Katze vergreift sich am Wal-Gott
«Oh Wal» ist ein Abschlussfilm der Luzerner Hochschule für Design und Kunst, die am Badener Festival stets stark vertreten ist. Die Brienzer Regisseurin Joana Locher unternimmt darin einen unterhaltsamen Ausflug in eine skurrile Fabelwelt. Eine Fische jagende Katze vergreift sich an einem Gott in Gestalt eines Wales. Die Fische, die den Wal verehren, rächen sich – mit unerwarteten Folgen.
Der Film lebt nicht nur von sorgfältig gezeichneten Figuren, absurden Einfällen und heiterer Musik, die Erzählstimme von «Der Goalie bin ig»-Darsteller Marcus Signer verleiht ihm eine geradezu märchenhafte Atmosphäre. Solche Filme klingen auch noch nach, wenn man den Kinosaal schon längst verlassen hat.