«Würde es dir etwas ausmachen, mal 10 Minuten lang keinen Boyfriend zu haben?» wird Layla (eine Entdeckung: Devon Keller) von ihrer besten Kollegin gefragt. Hinter dem Scherz versteckt sich eine heikle Wahrheit: Die 17-jährige Layla steht noch nicht so ganz auf ihren eigenen Beinen.
Sie ist zwar keinesfalls auf den Kopf gefallen. Ihre Schulnoten sind sogar herausragend. Als Mitglied einer lärmigen Grossfamilie funktioniert sie in einem engen menschlichen Gefüge jedoch einfach besser, als wenn sie auf sich allein gestellt ist.
Abtreibung? Kein Thema!
Layla ist ungewollt schwanger. Von einem «Boyfriend» halt, einem Milchbart mit Wuschelkopf und Hang zu weichen Drogen, der selbst erst gerade den Kinderschuhen entwachsen ist. Er weckt nicht einmal im Ansatz den Eindruck, dass er als Vater zu gebrauchen wäre. Natürlich ist da schnell von Abtreibung die Rede. Was denn sonst?
«Eine Abtreibung kommt gar nicht in Frage», bekommt Layla allerdings unmissverständlich von ihrer Familie zu hören. Wir sind hier schliesslich in San Antonio im Bundesstaat Texas. Christliche Werte und Familiensinn zählen, insbesondere für die ältere Generation.
Nie reifer, als sie tatsächlich ist
Das Drehbuch von «Petting Zoo» nimmt keinerlei Wertung vor: Man hat vielmehr das Gefühl, dass die texanische Autorin und Regisseurin Micah Magee das Wort Abtreibung relativ früh in eine ziemlich laute Szene einbaut – es ist nicht die beste des Films – um die diesbezügliche Debatte so rasch wie möglich abzuhaken. Denn darum geht es nicht in ihrem Film.
Es geht allein um Layla. Es geht um den Punkt im Leben, an dem sie steht. Magee hat beim Schreiben ausgesprochen sorgfältig darauf geachtet, dass ihre Figur nie reifer wirkt, als sie tatsächlich ist. Layla ist eine oft launische, manchmal übermütige Teenagerin, die nicht immer rational reagiert. Nie versteigert sich die Autorin zur naiven Suggestion, die Schwangerschaft würde daran schlagartig etwas ändern.
Willkommen in Laylas Welt
Micah Magee hakt bewusst nicht einfach die Probleme ab, die eine Schwangerschaft in Jugendjahren so mit sich bringt. Stattdessen steckt sie mit grosser Sorgfalt und Geduld die Grauzone zwischen Kindsein und Erwachsenenalter ab, in der sich ihre Protagonistin befindet.
Ganze Szenen des Films dienen nichts anderem als der Beschreibung, wie Layla halt so tickt: in der Familie, in der Schule und im Freundeskreis. Das ist meist unspektakulär, aber so lebensecht, witzig und auf den Punkt getroffen, dass man sich unweigerlich in ihrer Welt wiederfindet.
Flüchtige Jugend
«Interessant fand ich, dass Layla eigentlich gar keine Entscheidung trifft», sagt Micah Magee im Gespräch. «Ihr Leben dreht sich jetzt nicht ausschliesslich um die Frage, ob sie das Kind behält, und wenn ja, wie sie die Erziehung organisiert. Das schiebt sie eher auf die lange Bank, sie ist ja noch jung! Indirekt ist das auch ein Entscheid.»
Und trotzdem: Layla wird am Schluss des Films nicht mehr dieselbe sein. Genau dieser Aspekt macht «Petting Zoo» zu einem so wertvollen, aufwühlenden Film: Er fängt auf scheinbar natürlichste Weise eine Lebensphase einer Person ein, die bereits abgeschlossen sein wird, wenn der Abspann läuft. Gerade weil die Jugend vergänglich ist, brauchen wir solches Kino.
Kinostart: 2.6.2016
Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Kultur kompakt, 31. Mai 2016, 16.50 Uhr