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Film & Serien «Zum Beispiel Suberg»: Ein Dorf schläft ein

Der Film «Zum Beispiel Suberg» ist die Suche eines Menschen nach Verortung – in einem Dorf, in dem er seit 32 Jahren lebt. Der preisgekrönte Dokumentarfilm aus dem Jahr 2013 ist fünf Jahre nach seinem Erscheinen sehenswert wie eh und je.

Keine Post, keine Landi, kein Dorfladen. Suberg ist ein 600-Seelen-Dorf im Berner Seeland, wie es viele gibt. Nicht besonders hübsch, nicht besonders hässlich – ein Durchgangsort, dem in den letzten Jahrzehnten praktisch die gesamte Infrastruktur abhandengekommen ist.

Neblige Strasse in einem Wohngebiet am Waldrand.
Legende: Suberg im Berner Seeland: Ein Ort, an dem das gemeinschaftliche Leben eingeschlafen ist. Fair & Ugly

Mit dem Verschwinden von Begegnungsmöglichkeiten ist auch das Leben aus dem Dorf verschwunden. Die Dorfbeiz ist zu einem Gourmetrestaurant geworden und wird von der lokalen Bevölkerung gemieden. Das einzige Zusammentreffen der Bevölkerung findet vor dem häufig geschlossenen Bahnübergang statt, über den sich alle nerven. Dann aber sitzen alle einzeln im Auto.

Was nicht rentiert, ist nicht gefragt

Der Film «Zum Beispiel Suberg» zeigt, warum geschah, was geschah. Wer und was hinter dem gemeinhin «Strukturwandel» genannten Phänomen steckt. Da ist zum Beispiel der ehemalige Viehhändler Liniger, der sein neues Haus in den 1980er-Jahren mitten aufs Kulturland stellte, an den Platz, «wo die Sonne in Suberg zuerst aufgeht». Liniger erzählt, wie sein Schwiegervater für Umzonungen eintrat und Land verkaufte, weil er das lokale Gewerbe unterstützen wollte. Weil er wollte, dass es vorwärts geht. Aber im Film geht es nicht darum, Schuldige zu finden.

«Zum Beispiel Suberg» zeigt vielmehr exemplarisch die Logik der lokalen Ökonomie, zeigt, dass alle nur die Sicherung und Mehrung des Wohlstands im Blick hatten, dass aber niemand mit dem Resultat wirklich zufrieden ist. Desillusioniert sagt einer: «Was nicht rentiert, ist nicht mehr gefragt.»

Dorf- und Familiengeschichte

Video
Heimat, verzweifelt gesucht
Aus Kulturplatz vom 06.11.2013.
abspielen. Laufzeit 4 Minuten 42 Sekunden.

Teil des «Systems Suberg» war und ist auch die Familie des Regisseurs. Schon die Grosseltern von Simon Baumann waren Bauern in Suberg, genauso wie die Eltern Stéphanie und Ruedi Baumann, die als links-grüne Nationalräte nationale Bekanntheit erlangten. Simon Baumann, der seit seiner Geburt in Suberg wohnt, erzählt im Film die Familiengeschichte als Teil des sozialen Auflösungsprozesses des Dorfes.

Er schildert, wie stark die Grosseltern noch in den Dorfverband eingebunden waren, während seine 68er-Eltern alles taten, um das gesellschaftliche Korsett des Bauerndorfes mit den oft engen Vorstellungen von Richtig und Falsch loszuwerden.

Suche nach Zusammengehörigkeit

Eine Reihe mit in Weste gekleideter Chorsängerinnen und Chorsänger.
Legende: Kontakt zu den Dorfbewohnern findet Simon Baumann im Chor. Fair & Ugly

Der Film ist kein nostalgischer Blick zurück. Aber er führt gelungen vor Augen, wie das individualisierte Leben und das Streben nach mehr Wohlstand das Gefühl für die Zusammengehörigkeit sprengen. Er ist getragen von Melancholie, aber auch von viel Humor. Der Regisseur ist selbst Protagonist im Film. Er will nämlich nicht nur die Vergangenheit verstehen, er will wieder Anschluss finden im Dorf.

Sein mit der Kamera begleiteter Selbstversuch der Integration ist voll von Situationskomik. Schliesslich wird er in den Männerchor aufgenommen.

Zuerst skeptisch beäugt und beäugend findet er hier tatsächlich eine Gemeinschaft, zu der er irgendwie dazugehört – auch wenn seine Mitsänger alle viel älter sind und auch wenn nicht alle Heimatlieder seinem Geschmack entsprechen.

Wandlung zum Lokalpatrioten

30 Jahre lang habe er Suberg erfolgreich ignoriert, sagt Simon Baumann. Jetzt, drei Jahre nach den ersten Recherchen und Filmaufnahmen bezeichnet er sich selbst als Lokalpatrioten. Das sei «einer, der sich für sein Umfeld interessiert und es kritisch begleitet. Nicht einer, der das Land heraufjubelt und andere ausgrenzt.»

«Zum Beispiel Suberg» ist die Suche eines Menschen nach einem Ort, an dem er sich zuhause fühlt, eine differenzierte und persönliche Dorfchronik, und ein Nachdenken über das Zusammenleben in einer Schweiz, in der man sich allzu gerne zurückzieht.

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