Sie schrieben unterwegs, in irgendwelchen Hinterzimmern, in Cafés oder in der Wahlkampfzentrale in Chicago. Sie waren jung und unkonventionell, wie das ganze Team, das Barack Obamas Wahlkampf 2008 organisierte.
Sie waren zu viert – Jon Favreau, 27 Jahre alt, war der Chef im Team der Redenschreiber. Ben Rhodes war 1977 geboren, wie Sarah Hurwitz, beide waren mit 31 Jahren die Ältesten. Und – Adam Frankel, 27.
«Die Reden waren Teamarbeit», berichtet Adam Frankel aus dem Innenleben des Wahlkampfes 2008, «und oft eine zermürbende Herausforderung. Da liegt ein Blatt Papier vor dir und oben steht ´Rede von Senator Barack Obama´, ein Datum und ein Ort, und dann noch ein paar Bemerkungen von ihm. Sonst nichts. Das bedeutet dann: Also komm. Los. Schreib was!»
Obama – das rhetorische Talent
Wie viele Reden sie während des Wahlkampfs geschrieben haben, weiss er nicht mehr genau. Aber jede Rede war besonders, denn Barack Obamas grosses Talent war es, mit Sprache Menschen zu begeistern.
Mit geschliffenen Argumenten voller Emotion, mit Bezügen zur Geschichte der USA und Zitaten von grossen Rednern wie Abraham Lincoln oder Martin Luther King jr. Und es war auch eine Rede, die 2004 den unbekannten Politiker Barack Obama schlagartig in die erste Reihe möglicher Präsidentschaftskandidaten katapultierte.
Er thematisierte seine multi-kulturelle Herkunft und traf damit ins Herz der Demokratischen Partei. Der Reporter des britischen «Independent» gab ihm damals schon Chancen, der erste afro-amerikanische Präsident zu werden.
Das Schreiben liegt in der Familie
Kein Wunder, dass Adam Frankel für diesen Politiker schreiben wollte. Auch weil Politik und Schreiben schon immer in seiner Familie präsent war.
Sein Grossvater hatte für Demokratische Präsidentschaftskandidaten wie Robert F. Kennedy und George McGovern Reden geschrieben, und Adam trat in seine Fussstapfen.
Immer noch begeistert erzählt er vom Wahlkampf 2008, von der Stimmung im Grant Park. Fast noch magischer aber sei der erste Vorwahlsieg gewesen, damals in Iowa, als der junge Aussenseiter Barack Obama seinen ersten Sieg einfuhr.
«Als wir Iowa gewannen, da schwante uns … we could actually do this thing – wir könnten es schaffen» erzählt Adam Frankel.
Yes, we can
Das war die Zeit, als sie begannen, den Slogan «Yes, we can» in die Reden einzubauen. «Im Dezember 2007 sassen wir in einem Café in Des Moins, und überlegten, ob wir den `Yes, we can – Slogan‘ hier in Iowa einsetzen sollten». Sie taten es.
Aber seine grosse Wirkung, seine wirkliche Bedeutung bekam dieses «Yes, we can» im Moment einer Niederlage. Und das war eine Woche später, als Barack Obama die Vorwahl in New Hampshire verlor.
«Wir waren alle unterwegs und telefonierten, denn wir mussten die geplante Siegesrede in das Eingeständnis einer Niederlage umschreiben. Und da bekam 'Yes, we can' eine völlig andere Resonanz. Denn diese drei Worte braucht man nicht, wenn die Zeiten gut sind. Man braucht sie, wenn man gegen Widrigkeiten ankämpfen muss.»
So entstand das trotzige, kämpferische «Yes, we can».
Eine Rede für den Fall der Niederlage?
Was hätte Barack Obama gesagt, wenn er 2008 die Wahl verloren hätte? «Wir haben nie im Voraus Reden für den Fall der Niederlage geschrieben, bei keiner einzigen Vorwahl. Wir haben immer nur Siegesreden geschrieben», sagt Adam Frankel schmunzelnd.
Es gab also nie zwei Varianten? «Nein. Nur am Schluss. Im November 2008. Bei der endgültigen Präsidentschaftswahl. Da haben wir einen Entwurf geschrieben, falls Barack Obama verlieren sollte. Aber ich glaube, er hat ihn nie gelesen.»
Das war ja auch nicht notwendig. Yes, we can.