«Blut, Mühsal, Tränen und Schweiss» – mehr habe er nicht zu bieten, machte Winston Churchill in seiner ersten Rede als Premier am 13. Mai 1940 im britischen Unterhaus und am Radio klar. Das war schonungslos und ehrlich. Grossbritannien, dem nächsten Ziel von Hitlers Aggression, stünden «viele, viele lange Monate des Kämpfens und des Leidens» bevor.
Rhetorischen Höchstform – von Anfang an
Churchill wäre nicht Churchill gewesen, wenn er neben dieser ungeschminkten Ankündigung von Schrecken das britische Volk nicht gleichzeitig auch motiviert hätte, den Kampf gegen die «ungeheuerliche Tyrannei» aufzunehmen. Das Ziel könne man mit einem Wort nennen: «Sieg – Sieg um jeden Preis, Sieg trotz allem Schrecken, Sieg, wie lang und beschwerlich der Weg dahin auch sein mag.»
Bereits in dieser ersten Rede lief Churchill zu jener rhetorischen Höchstform auf, die er in jenem dunklen Jahr 1940 immer wieder an den Tag legte, da die Demokratie in Europa dem Tod geweiht schien. Meisterhaft beherrschte er die Kunst der Alliterationen. Er verstand es, am richtigen Ort suggestive Wiederholungen einzusetzen. Wirkungsvoll variierte er die Dynamik und Dramatik in seiner Stimme.
Die Ikone des Widerstands
Sein nächstes Meisterstück als Redner lieferte Churchill am 4. Juni 1940 im Unterhaus ab. Die französische Armee war im Kampf gegen die Deutschen eingebrochen. Hunderttausende von britischen Soldaten, die den Franzosen hätten beistehen sollen, waren von Dünkirchen aus zurück nach England geflüchtet.
Weniger denn je sei Grossbritannien zu irgendwelchen Kompromissen mit den Nazis bereit, erklärte Churchill dem verunsicherten britischen Volk. Man werde als das letzte Bollwerk gegen Hitlerdeutschland ausharren:
«Wir werden in Frankreich kämpfen, wir werden auf den Meeren und Ozeanen kämpfen, wir werden mit wachsender Zuversicht und zunehmender Stärke in der Luft kämpfen, wir werden unsere Insel verteidigen, was immer es uns auch kosten möge, wir werden auf den Dünen kämpfen, wir werden auf den Landungsplätzen kämpfen, wir werden auf den Feldern und in den Strassen kämpfen, wir werden auf den Hügeln kämpfen, wir werden uns niemals ergeben.»
Wie kaum einem anderen Politiker seiner Zeit gelang es diesem, zu allem entschlossen scheinenden bärbeissigen Premier in Anzug und Melone und mit Zigarre, kraft der Macht der Worte die Herzen der Menschen zu rühren. Wann immer die Stimme des Premiers am Radio ertönte, verstummten fortan die Menschen in ergebener Ergriffenheit. Manchem stiegen die Tränen in die Augen ob der Worte, die zu hören waren. Und man war bereit, dem Premier vertrauensvoll in die Schlacht zu folgen.
Worte, die Geschichte schrieben
Zu Winston Churchills Begabungen gehörte es, für Sachverhalte einfache rhetorische Formeln zu finden. Manche Äusserungen Churchills wurden zu eigentlichen Chiffren, die sich für Generationen ins Gedächtnis einprägten.
So etwa jener Satz, mit dem er am 20. August 1940 den Piloten der britischen Royal Air Force dankte, denen es gelungen war, sich in jenem Sommer im Luftkrieg gegen die Deutschen zu behaupten: «Noch nie haben so viele so wenigen so viel zu verdanken gehabt.»
Vortrag in Zürich im Jahr 1946
Churchills pointierte Rhetorik zeigte sich auch nach 1945, als er sein Amt als Premierminister verloren hatte. So prägte er etwa 1946 in einer Ansprache im US-amerikanischen Fulton den Begriff des «Eisernen Vorhangs» für die Abschottung des Ostblocks gegen den Westen im sich abzeichnenden Kalten Krieg. Und im selben Jahr verkündete er in einem Vortrag an der Universität Zürich seine Vision eines vereinigten Europa. Er schloss mit den bis heute berühmt gebliebenen Worten: «Therefore I say to you, let Europe arise!»
Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Kultur kompakt, 23.1.2015, 6.45 Uhr