1934 rief Pierre Boulanger, Generaldirektor von Citroën, seinen Chefkonstrukteur in sein Büro. Folgende Worte soll er gesagt haben: «Entwerfen Sie mir ein Auto, das Platz für zwei Bauern in Stiefeln und einen Zentner Kartoffeln mit 60 Kilometer pro Stundenkilometern befördern kann und nicht mehr als drei Liter auf hundert Kilometer verbraucht.»
Aber damit nicht genug: Sein Wunschwagen musste einfach zu bedienen und gut gefedert sein, so dass ein mit Eiern gefüllter Korb einen holprigen Feldweg unbeschadet überstand. Ausserdem sollte er weniger kosten als andere Autos. Das hingegen war Boulanger egal.
Lieferzeiten bist zu sechs Jahren
Chefkonstrukteur André Lefèbvre nahm die Aufgabe ernst und baute eine TPV – die Abkürzung für «toute petite voiture». Dem TPV fehlte eigentlich alles: Er hatte nur einen Frontscheinwerfer, wog 380 Kilo, die Sitze waren wie Hängematten und die Karosserie bestand aus Wellblech. Blinker wurden keine eingebaut, ebenso wenig Aussenrückspiegel. Doch das Ding fuhr! 250 Stück wurden gebaut.
Dann kam der Krieg. Während der deutschen Belagerung Frankreichs im Zweiten Weltkrieg wurden die TPV der 2-PS-Serie vor den Besatzern versteckt. Doch die Citroën-Designer tüftelten weiter daran. Im Oktober 1948 zeigte Citroën am Pariser Autosalon ein komplett überarbeitetes Modell: den 2CV. Humoristen bezeichneten ihn liebevoll als «Konservendose für vier Sardinen». Die «Konservendose» aber wurde zu einem Renner: Die Nachfrage war so enorm, dass man mit Lieferzeiten von bis zu sechs Jahren rechnen musste.
Entschleunigung statt Beschleunigung
Die ersten zehn Jahre gab es den 2CV – in Deutschland «Ente» und in der Schweiz «Döschwo» genannt – nur grau lackiert. Schon bald aber kamen die Sonderserien auf den Markt, 1980 etwa der Charleston mit schwarz-roter Lackierung und runden Scheinwerfern.
Der «Döschwo» erlangte Kultstatus. Kenner schwärmten, dass man darin nicht die Beschleunigung erfahre, sondern die Entschleunigung. Über 40 Jahre lang wurden solche Autos gebaut, weltweit etwa fünfeinhalb Millionen. Dann kam der 27. Juli 1990. Um 15 Uhr rollte der allerletzte «Döschwo» in Portugal vom Band. Ein trauriger Moment für viele 2CV-Fans.
Die Sardinenbüchse war halt schon etwas Besonderes. Und Hand aufs Herz: Wenn heute ein alter Döschwo um die Ecke biegt, dann fühlt man sich doch gleich ein bisschen jünger und wähnt sich in Frankreich, mit der ersten grossen Liebe, man spürt Freiheit, und bekommt Lust auf Brot, Käse, Oliven und ein Glas Wein.