Wenn Reshma Saujani mit ihrer Nichte einkaufen geht, möchte sie sich am liebsten die Haare raufen: «Da hängen T-Shirts, auf denen draufsteht: ‹Bin allergisch gegen Algebra.›» Die auf knallrosa Hintergrund transportierte Botschaft ist eindeutig: Mädchen sollen ihre hübschen Köpfe nicht mit so wenig femininen Inhalten wie Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technologie (MINT) belasten. Es sei daher kein Wunder, wenn sich nur 3 von 1000 High-School-Schülerinnen für Informatik interessierten. Das müsse sich schleunigst ändern, erklärt die Juristin, denn: «Die gut bezahlten Jobs der Zukunft sind im Technologie-Bereich.»
Girls Who Code
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Reshma Saujani gründete daher 2010 die Initiative «Girls Who Code», die sich an Schülerinnen zwischen 15 und 17 Jahren richtet. Im ersten Jahr nahmen gerade 20 Mädchen daran teil. 2014 waren es allein für das Sommerprogramm 380.
Girls Who Code ist ein Mentoring-Boot-Camp. «Wir schaffen quasi ein Klassenzimmer in einer Technologiefirma», erklärt Saujani. Sieben Wochen lang verbringen Schülerinnen etwa bei Google, Facebook, Intel oder Microsoft. «Dort lernen sie programmieren. Jeden Tag von 9 bis 17 Uhr. Sie treffen Mentorinnen und nehmen an Exkursionen teil.» Die Bilanz ist beeindruckend: «95 Prozent unserer Mädchen entscheiden sich für ein Informatik-Studium.»
Programmieren als Mode
Girls Who Code, Made with Code, Black Girls Code – das sind nur einige wenige Initiativen, die Frauen und Mädchen fürs Programmieren interessieren sollen. Doch: Oft verbirgt sich hinter einem Trend bloss eine Modeerscheinung. Ist das auch hier der Fall?
«Keineswegs», erklärt Lenore Blum, Informatik-Professorin an der Carnegie Mellon University in Pittsburgh, im US-Staat Pennsylvania. «Wenn man weiss, wie man programmiert, kann man Dinge kreieren; man kann Software schreiben. Man kommuniziert mit dem Computer auf eine Art und Weise, dass er genau das tut, was man will.» Verstehen, wie man Software schreibt, ist also eine Art Eintrittskarte in den IT-Club. Damit man auf die hoch bezahlten Technologie-Jobs überhaupt eine Chance hat.
Erfolg mit Langzeitstrategie
Die Carnegie Mellon University ist Vorbild und Vorreiter, wie man spezielle Beratungs- und Förderungsprogramme für Studentinnen angeht. Die Botschaft, dass Mädchen willkommen sind, wird auf vielen verschiedenen Ebenen transportiert. «Wenn die High-School-Informatiklehrer im Sommer zur Weiterbildung zu uns kommen, dann vermitteln wir ihnen, wie wichtig es ist, dass auch Mädchen Programmieren lernen.»
Die Strategie, systematisch mehr Studentinnen anzulocken, begann 1999. Der Erfolg kann sich sehen lassen: Im Herbst 2014 beträgt der Anteil von Frauen im Informatikstudium spektakuläre 40 Prozent.
Frauen brauchen mehr Risikokapital
Doch damit allein ist es ja nicht getan, meint Lenore Blum. Eine neuere Zielrichtung an der Carnegie Mellon University ist nun, wie man aus Informatik-Absolventinnen erfolgreiche Unternehmerinnen im IT-Bereich macht. Traditionell hatten Frauen mehr Schwierigkeiten als Männer Risikokapital aufzubringen.
Die Informatik-Professorin glaubt, ein Wandel stehe bevor: «Angesichts der zahlreichen Diskussionen über zu wenig Frauen in der Tech-Branche ist es für Investoren mittlerweile durchaus prestigeträchtig, wenn sie ihr Geld in von Frauen geführte Unternehmen stecken.»