Unsere Zivilisation ist aus den Fugen geraten, ein Wertesystem, das den Weltfrieden erhalten könnte, existiert nicht. Und die monotheistischen Religionen schauen hilflos zu. Eine bittere Analyse von Frido Mann. Was den Psychologieprofessoren umtreibt, ist die ewige Suche nach dem Sinn. Früher hat ihn diese Suche zum Katholizismus geführt.
Papst rehabilitiert Holocaust-Leugner: Kirchenaustritt
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Das «Aggiornamento», die Hinwendung zur Welt während des zweiten Vatikanischen Konzils, hat Mann zum Studium der Theologie verleitet. Er war Assistent des grossen Karl Rahner und seine Dissertation schrieb er über das Abendmahl beim jungen Luther. Ein ökumenischer Katholik also. Einer, der sich aber immer mehr von seiner Kirche entfernte. Das lange Pontifikat Johannes Pauls II. empfand er als «unselig» und als Benedikt XVI. den englischen Piusbruder Williamson rehabilitierte, da trat Frido Mann aus der Kirche aus.
Ein deutscher Papst rehabilitiert einen Holocaust-Leugner, das war dem Theologen Mann zu viel. Die Suche nach der richtigen Kirche hat der 73-Jährige noch nicht aufgegeben, heute würde er sich bei den Lutheranern am wohlsten fühlen.
Auch in der Psychiatrie verlor er seinen Glauben
Manns Buch «Das Versagen der Religion» hangelt sich entlang seiner persönlichen Erfahrungen mit dem Thema Kirche und Religion. Was der Psychologe Mann als «Achterbahn Mensch» analysiert, gilt auch für den Theologen Mann. Seinen sicheren religiösen Halt hat er freilich nicht nur in der Kirche verloren. Auch in der Psychiatrie kam er ihm abhanden.
Dies, als Mann in der Krebsstation einer Kinderklinik arbeitete. Die Erfahrung mit den Abgründen des Menschseins drängten bei Mann auf radikale Art die Frage nach dem Sinn auf. Die Religionen gaben keine Antwort, befand er, weil sie «mit bigottem Starrsinn in Machtstrategien verharren».
Sinnsuche in Kunst und Kultur
Gerade in dem monotheistischen Dreieck von Christentum, Judentum und Islam entdeckt Mann nichts mehr, was jungen Generationen eine Art geistige Führung geben könne. Es gehe immer darum, die Geschichte und die Gegenwart des anderen zu akzeptieren, schrieb der jüdische Religionsphilosoph Martin Buber einmal. Davon aber seien die genannten Religionen weit entfernt, befindet Mann.
Frido Mann kommt aus einer grossen Schriftstellerfamilie. Sein Vater war Musiker. Und er ist nun mehr und mehr dabei, bei seiner Sinnsuche die Kunst und die Kultur einzubeziehen.
Als kleinen Hoffnungsschimmer widmet Frido Mann sein an sich pessimistisches Buch dem West Eastern Divan Orchestra, in dem zur Hälfte arabische und zur anderen Hälfte israelische Jungmusiker spielen. Hier, so Mann, vermag das verbindende Medium Musik im Kleinen mehr für den Frieden zu tun, als die grossen monotheistischen Religionen.