Herr Pelda, Sie sind soeben aus Syrien zurückgekehrt. Hatten Sie dort Kontakt zu den Dschihadisten?
Ein direkter Kontakt zu Dschihadisten des IS wäre mein Ende. Ich hatte in Syrien aber immer mal wieder Gespräche mit Dschihadisten aus aller Welt, aber die kämpften für andere Gruppen und nicht für den IS. Vor eineinhalb Jahren traf ich ausländische Kämpfer, die zu Vorläufergruppen des IS gehörten. Das war möglich, weil diese Kampfgruppen damals noch in die bewaffnete syrische Opposition integriert waren.
Mittlerweile liest man in den Medien, dass in verschiedenen europäischen Ländern ehemalige IS-Kämpfer bereits zurückgekehrt sind. Kennen Sie Kriegsrückkehrer, die heute in der Schweiz leben?
Ich habe mich nur mit Sympathisanten des IS in der Schweiz unterhalten, nicht mit Kämpfern. In Syrien traf ich einmal einen blutjungen und radikalisierten Muslim mit Schweizer Pass. Er war aber nicht bewaffnet. Mir ist bis heute nicht klar, ob er dort wirklich kämpfen wollte oder ob er geistig verwirrt war. Allen Dschihadisten ist gemeinsam, dass sie ursprünglich etwas gegen den brutalen Vernichtungskrieg des syrischen Diktators Assad unternehmen wollten. Assads Krieg gegen sein eigenes Volks ist der stärkste Magnet für Dschihadisten.
Aber nicht jeder, der gegen Assad ist, zieht gleich in den Dschihad. Da braucht es doch mehr.
Als Daumenregel für Dschihadisten gelten die vier M: Sie sind muslimisch und meistens männlich, haben Migrationshintergrund. Ihr bisheriges Leben ist durch Misserfolge geprägt. Ausserdem haben viele Dschihadisten ein tiefes Bildungsniveau. Ein erheblicher Anteil hat zudem einen kriminellen Hintergrund. Praktisch alle waren in ihren Heimatländern orientierungslos. Kommen all diese Faktoren zusammen, fällt es Rekrutierern leicht, diese jungen Menschen im Internet oder in Moscheen für den Dschihad und seine klaren Regeln zu begeistern.
Die Angst ist gross, dass Dschihadisten, die zurückkehren, den IS-Terror nach Europa bringen. Wie schätzen Sie diese Gefahr für die Schweiz ein?
In der Schweiz haben wir es bis jetzt noch mit einer überschaubaren Anzahl zu tun. Die Erfahrungen anderer Länder zeigen aber, dass es sowohl desillusionierte Rückkehrer als auch solche gibt, die Terroranschläge verüben wollen.
Das klingt besorgniserregend. Also müssen die Behörden entschlossen handeln?
Wer in einer Organisation wie dem IS oder al-Qaida gekämpft hat, ist ein Straftäter und muss verurteilt werden. Doch man sollte die desillusionierten Rückkehrer, die sich von der Dschihad-Ideologie gelöst haben, weniger hart anfassen. Solche Menschen können mithelfen, andere von der Reise in den Dschihad abzuhalten, indem sie über ihre negativen Erfahrungen beim IS berichten.
Nicht vergessen sollte man, dass auch die hiesige Sympathisantenszene eine Gefahr darstellt. Um hier einen Anschlag auszuführen, muss man nicht den Umweg über Syrien oder den Irak machen.
Und wie verhindern wir, dass sich junge Muslime radikalisieren?
Wer eine Arbeit, Perspektiven und ein ansprechendes Liebesleben hat, wird den Schalmeienklängen der Hassprediger kaum erliegen. Bildung, Lehrstellen und Aufstiegschancen – also Integration – sind die wirksamsten Barrieren gegen eine Radikalisierung. Ausserdem sollte man gegen Hassprediger und Propagandisten von IS und al-Qaida härter vorgehen. Es darf nicht sein, dass einige wenige Extremisten unter dem Deckmantel der Religionsfreiheit Geld für den Dschihad sammeln oder junge Menschen rekrutieren. Islamische Verbände sollten sich nicht nur vom IS distanzieren, sondern dessen Taten endlich auch verurteilen und klarstellen, warum diese nicht mit dem Islam zu vereinbaren sind. Leider hat sich noch kein Schweizer Imam dazu durchringen können, den IS mit einer Fatwa zu belegen und Muslimen zu verbieten, nach Syrien in den vermeintlich Heiligen Krieg zu ziehen.