Drohnen retten Rehkitze vor dem Mäher, liefern uns wohl bald Pakete nach Hause und begeistern mit ihren Filmaufnahmen das Kinopublikum. Für viele sind sie das neue Lieblingsspielzeug, denn Drohnen sind immer erschwinglicher, kleiner und benutzerfreundlicher geworden. Das Problem: Mit den fliegenden Kameras können Leute ohne Problem in Nachbars Garten fliegen und dort nach Belieben filmen oder fotografieren – so die Befürchtung vieler. Sie können auch schon mal abstürzen.
Wie ein fliegender Hund
Diesen Bedenken soll der «Fotokite» entgegenwirken. Die fliegende Kamera wurde vom russischen Forscher Sergei Lupashin und seinem Team im Rahmen eines ETH-Startups entwickelt. Der «Fotokite» wird wie ein Hund an einer Leine gehalten. Der Besitzer bestimmt, wie viel «Auslauf» er der Drohne geben will. Auf gängige Tools wird verzichtet: kein Joystick, kein Wireless, kein GPS.
«Indem wir die Bestandteile, die funktionieren müssen, reduzieren, erhöhen wir die Sicherheit. Denn GPS ist grossartig, wenn es funktioniert, aber es kann auch nicht funktionieren, besonders in der Nähe von Gebäuden», erklärt Sergei Lupashin. Denn Unfälle mit Drohnen gab es schon einige: Über 400 US-Drohnen sind seit 2001 schon abgestürzt. Kürzlich stürzte eine Drohne der Zürcher Stadtpolizei schon bei einem Test-Einsatz ab.
Auch das BAZL (Bundesamt für zivile Luftfahrt) hat auf die Sicherheitsbedenken reagiert: Seit dem 1. August 2014 dürfen Drohnen mit einem Gewicht von 500 Gramm bis 30 Kilo nicht mehr unter einer Höhe von 100 Metern über Menschenmassen fliegen. Auch Lupashin schätzt diese Sicherheitsmassnahme als notwendig ein.
Ein Tool für Voyeure und Spione?
Sicherheit ist ein ausschlaggebender Punkt in der Diskussion um die fliegenden Roboter – nicht nur, was die Technik, sondern auch was den Persönlichkeitsschutz betrifft. Denn Drohnen drohen die Grenzen des Privaten zu überschreiten. Das macht vielen Angst.
Für Sergei Lupashin ist jedoch nicht die Drohne das Problem: «Ich finde es seltsam, dass in dieser negativen Diskussion auf die Drohne fokussiert wird. Denn das Problem sind nicht Drohnen, sondern Kameras. Was ist der Unterschied, ob ich eine Drohne kaufe und damit Aufnahmen mache oder ob ich irgendwo eine Kamera verstecke?» Der Hype um die Drohnen verzerre die Frage.
Es sollte, so Lupashin, also eher nach den Grundprinzipien unserer Gesellschaft gefragt werden: Wie weit wollen wir in die Privatsphäre von Fremden eindringen? Und vor allem: Was verantwortet der einzelne selbst? Die Leine am «Fotokite» sei dabei ein Versuch, an die Verantwortung des einzelnen zu erinnern: «Durch die Leine weiss man, wer die fliegende Kamera bedient, wer für sie verantwortlich ist», so Lupashin. Transparenz könnte hier ein Hindernis für den Missbrauch sein. Ein Missbrauch, der in der Schweiz auch gesetzlich bestimmt ist. Denn die Drohnenaufnahmen dürfen weder gegen das Datenschutz- noch das Personenschutz-Gesetz verstossen. Die Angst trifft damit auch auf gesetzliche Grenzen.
Die Drohne als positiver Störfaktor
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Bei all den Diskussionen um Privatsphäre und Datenschutz stellt sich aber schlussendlich immer die Frage, wer die Drohne zu welchem Zweck einsetzt. Und vor allem: Ob dieser Zweck Sinn macht. Lupashin sieht den Einsatz von Drohnen vor allem im Journalismus.
Hier störe die Drohne zwar – aber in einem positiven, aufklärenden Sinne, als «positiver Störfaktor»: «Im Journalismus kann man besser berichten mit Luftaufnahmen. Man setzt die Ereignisse damit in einen Kontext und zeigt nicht nur Nahaufnahmen von Demonstranten. Zudem wird die Privatsphäre der einzelnen so nicht verletzt.»
Lupashin möchte sich für mehr Drohnen im Journalismus einsetzen. Doch wer schlussendlich sein Produkt benutzt, das könne er nicht bestimmen, räumt er ein. Lupashin und sein Team machen mit ihrer Erfindung auf jeden Fall einen Schritt in die richtige Richtung und helfen mit, das umstrittene Image der Drohnen zu verbessern.