Eigentlich gehört das Souvenirgeschäft in der Athener Altstadt ihrer Tochter Anna. Doch Vassiliki Papadimitriou packt jeden Tag mit an.
Schliesslich ist der sechzehn Quadratmeter kleine Laden sieben Tage die Woche geöffnet, zu jeder Jahreszeit. Da könne eine Person alleine den Laden nicht schmeissen, sagt Vassiliki und lächelt.
Kunden kaufen Kleinkram
Die 54-jährige Frau steht hinter der Kasse und wird fast erdrückt von Souvenirs jeglicher Art: Vom «I Love Greece»-Feuerzeug über Armbänder mit dem typischen blauen Auge bis zu hochwertigen Keramikvasen und Statuen. «Wobei die Kühlschrankmagnete der absolute Verkaufsschlager sind», sagt Vassiliki.
Besonders beliebt seien Magnete mit dem Wahrzeichen der Stadt, der Akropolis. Und auch sonst liefen kleine Sachen, wie zum Beispiel Schlüsselanhänger oder Kugelschreiber, viel besser als grössere Produkte.
Je billiger, desto besser
Denn: Es muss vor allem billig sein. «Mehr als fünf bis zehn Euro gibt kaum ein Tourist mehr aus», sagt Vassiliki. Und immer mehr Kundinnen und Kunden verlangten nach einem Rabatt. «Sogar bei einer Ansichtskarte», sagt die Souvenir-Verkäuferin. «Dabei kosten die Karten bei uns pro Stück gerade einmal 25 Cent.»
In solchen Fällen versuche sie den Kunden klarzumachen, dass sie eine minimale Gewinnmarge hat und sich keine Rabatte erlauben kann. Doch nicht jeder zeige Verständnis. Viele gingen einfach ins nächste Geschäft und versuchten da ihr Glück.
Die guten Zeiten sind vorbei
Vassiliki zeigt auf die Regale mit den Bronzefiguren: Griechische Krieger, Diskus-Werfer, Pferde, Eulen und Kriegermasken in verschiedenen Grössen und Variationen.
«Das sind alles Werke meines Mannes», sagt sie. «Doch die Zeiten, in denen sich auch die handgemachten Figuren verkauften, sind endgültig vorbei. Heute gucken sich die Touristen die Statuen interessiert an, lassen sie aber sofort wieder liegen, wenn sie den Preis sehen.» Ein kleines Pferd oder ein antiker Krieger können fünfzehn Euro kosten.
Um die Welt und zurück
«Wer kauft diese original griechischen Schmuckstücke, wenn er den Magneten made in China für viel weniger Geld haben kann?», fragt sich Vassiliki. Tatsächlich werden die meisten Souvenirs in China hergestellt.
«Wann man bedenkt, was für eine Reise diese Importware macht, ist das schon verrückt: Aus China hierher und dann in die ganze Welt. Und wenn sie von chinesischen Touristen wieder zurück nach China gebracht wird – das ist schon zum Schmunzeln.»
Deutsche feilschen um alles
«Früher waren die besten Kunden die Italiener und die Spanier», erinnert sich Vassiliki. In den letzten Jahren aber kauften auch diese nur noch Kleinigkeiten. «Da merken wir Verkäuferinnen: Auch ihnen geht es finanziell nicht gut.»
Im Moment seien die Touristen aus Lateinamerika am spendabelsten – gefolgt von den Asiaten. Am geizigsten hingegen seien Touristen aus Deutschland: «Sie sind diejenigen, die um alles, aber wirklich um alles feilschen. Das verstehe ich wirklich nicht.» Vassiliki schüttelt den Kopf.
Die Konkurrenz ist gross
Tatsächlich bieten sich Preisvergleiche und Feilschen in der Gegend rund um die Akropolis an, denn hier reiht sich ein Souvenirgeschäft an das andere. «Die Konkurrenz ist gross und alle kämpfen um die Touristen», gesteht Vassiliki.
Die aggressive Taktik anderer Souvenirhändler aber, die eigens Personal einstellen, um vor dem Geschäft die vorbeigehenden Touristen anzusprechen, passe nicht zu ihr.
«Das könnte ich nie machen. Ich will die Leute doch nicht belästigen. Auch wenn sie in den Laden kommen, versuche ich so diskret wie möglich zu sein. Ich lasse sie in Ruhe gucken und gehe nur zu ihnen, wenn sie meine Hilfe brauchen.» Und sie versuche, immer höflich zu bleiben.
Sorge um die Zukunft
Vassiliki hat zwei erwachsene Töchter: Die eine sei Journalistin, sagt Vassiliki stolz. Der anderen gehöre der Laden. «Beide haben ihren Weg gefunden».
Doch die 54-jährige Frau macht sich Sorgen um das Geschäft. In den letzten Jahren seien die Ausgaben, Steuern und Sozialabgaben dermassen in die Höhe geschossen, dass sie sich schon oft gefragt hat, ob sich die Mühe überhaupt noch lohnt.
«Wir versuchen von April bis Oktober den Umsatz zu machen, der uns auch in den Wintermonaten über Wasser halten kann. Denn das restliche Jahr schreiben wir rote Zahlen.»
Diese Sorgen sollen die Kunden natürlich nicht spüren. Zwei US-Amerikanerinnen kommen rein. Auch sie kaufen nur Kleinigkeiten. Vassiliki packt die Sachen in weiss-blaue Plastiktüten und lächelt freundlich.