Wer klagt und warum
Sogenannte Klimaklagen, schreibt die Umweltbehörde der UNO, die UNEP, sind mittlerweile in 24 Ländern hängig. Weltweit, so der Stand Mai 2017, sind 884 Klagen eingereicht worden. Alleine in den USA sind es 654.
Inhaltlich gehen alle Klage in dieselbe Richtung. Sie fordern, dass die Regierungen mehr tun, damit das Ziel des Pariser Klimaabkommens erreicht werden kann: die Erwärmung des Klimas um maximal 2 Grad, im besten Fall 1,5 Grad gegenüber dem vorindustriellen Zeitalter.
Wer klagen darf und mit welchen Argumenten
Ob eine Klage oder eine Beschwerde eingereicht werden kann, entscheidet sich nach dem nationalen Recht. Und dieses legt fest, welche Bedingungen ein Kläger oder eine Klägerin erfüllen muss.
In der Schweiz etwa muss eine besondere, unmittelbare Betroffenheit durch staatliches Handeln – oder staatliche Unterlassung – nachgewiesen werden. Die Klimaseniorinnen etwa machen geltend, dass ältere Frauen ganz besonders von Hitzewellen betroffen sind.
Staaten müssen das Klima schützen
Grundlage und auch Anlass für fast alle Klagen ist das Pariser Klimaabkommen von 2015. Dies, weil hier erstmals ein verbindliches, weltweit anerkanntes Klimaziel von 1,5, maximal aber 2 Grad festgelegt wurde.
Fast alle Kläger, wie die niederländische Bewegung Urgenda, machen nun geltend, dass ihre Regierung zu wenig tut, um dieses Ziel zu erreichen. Doch selbst Staaten, wie die USA, die aus dem Klimaabkommen ausgestiegen sind, sind gehalten, mehr zu tun für den Klimaschutz.
Dies ergibt sich aus dem Grundsatz «Do no harm», einem fundamentalen Prinzip des Völkerrechts, das besagt, dass kein Staat einen anderen schädigen darf.
Die Verursacher im Visier
In einigen Fällen richten sich die Klagen auch direkt gegen die Verursacher. So hat die Human Rights Commission of the Philippines eine Klage gegen 50 Ölfirmen eingereicht. Und besondere Aufmerksamkeit erhält zur Zeit der peruanische Bauer Saúl Luciano Lliuya, dessen Haus von einem schmelzenden Gletscher bedroht ist.
Bricht der Gletscher ab, wird sein Haus von einer Schlammlawine begraben. Lliuya hat nun den deutschen Energiekonzern RWE verklagt, den grössten Emittenten an CO2 in Europa, und verlangt vor einem deutschen Gericht Schutz seines Eigentums.
Wenn die Kläger recht bekommen
Die Klage von Urgenda gegen den niederländischen Staat hat bereits Folgen gehabt, politische vorderhand. Das holländische Parlament hat entschieden, dass sämtliche Kohlekraftwerke stillgelegt werden müssen, und ähnlich werden auch andere Regierungen entscheiden müssen.
Die Umstellung auf erneuerbare Energien, die Förderung von Elektromobilität, die Dekarbonisierung der Wirtschaft, die Isolation von Gebäuden, die Verringerung des ökologischen Fussabdrucks – alles müsste viel schneller umgesetzt werden. Denn am Ende, wenn bei Untätigkeit die Schäden eintreten, drohen Schadenersatzklagen.
Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Kontext, 14.8.17, 9:03 Uhr