- Psychologe Claus Koch schreibt in seinem neuen Buch an gegen den Hype der Pubertät.
- Der Grund: Während der Pubertät kann man Verantwortung auf Eltern oder Lehrer abschieben. Erst später ist man auf sich alleine gestellt und muss sich in der weiten Welt der vielen Optionen zurechtfinden.
- Der Generationenkonflikt ist in den heutigen Familien eher gering.
Claus Koch nimmt die Jahre zwischen 18 und 30 unter seine psychologische Lupe und findet einen Namen für diese Transitzone: Odysseusjahre. In der Fachwelt sind diese Odysseusjahre bisher kaum Thema.
Claus Koch erhellt diese Blackbox und schreibt an gegen den Hype der Pubertät. Sie sei nicht mehr die Krisenzeit per se. «Der Generationenkonflikt ist in den heutigen Familien gering.»
Beiträge zum Thema
- «Beziehungsunfähig»: Das Hirngespinst einer Generation
- Generation «Maybe»: Wie sie ticken (Kulturplatz, 23.4.2014)
- Die Generation «Maybe» stellt sich vor (Kultur kompakt, 9.4.2014)
- Ja! Nein! Äh, Jein! – Über unsere Unfähigkeit zu entscheiden
- Wie man einen Millennial verunsichert – und wie der kontern kann
- Pubertät (100 Sekunden Wissen, 20.2.2014)
- Wissenswertes zur Pubertät
- Grossbaustelle Pubertät (Der Club, 10.4.2012)
Wohin geht meine Reise?
Nach der Pubertät ist die Freiheit. Nach der Pubertät ist die Volljährigkeit. Nach der Pubertät ist die Selbstbestimmung. Das ist erstmal berauschend und abenteuerlich, aber eben auch etwas irritierend.
Plötzlich ist man selber verantwortlich für das, was ist. Nicht mehr die Eltern sind schuld, wenn etwas schief läuft. Und auch nicht mehr die strengen Lehrer. Sondern man ist plötzlich auf sich alleine gestellt mit all seinen Lebensexperimenten.
Zum Glück gibt es ja noch die anderen, die Freunde, die Studienkolleginnen, die Peers, denen es auch so geht. Und die auch zu knabbern haben an den beiden grossen Themen der Identitätsfindung: Liebe und Arbeit.
Generation Y
Claus Koch hat die Generation Y im Blick. Weil das Y sich von «why», vom Warum, ableitet, nennt er sie auch Sinnsucher. Die Menschen, die zwischen 1985 und dem Millennium zur Welt kamen, die Digital Natives, die Generation mit den langen und guten Bildungswegen in einer Welt, die sie nicht zu gebrauchen scheint. Stichwort: die ewigen Praktikanten, die ihren Eltern noch lange «auf der Tasche liegen».
Der Blick in die Zukunft
In der Pubertät gelten hauptsächlich das Hier und das Jetzt. Da zählt der Moment. Und das gibt öfter Zoff. Nach dem 18. Lebensjahr richtet sich der Blick dann immer mehr in die Zukunft, auf viele Optionen, aber auch begrenzte Möglichkeiten. Ist die Frau, die ich gerade liebe, die Frau meines Lebens? Oder gibt es in der grossen weiten Welt der Optionen nicht noch eine Bessere?
Ist meine Ausbildung überhaupt gefragt? Oder muss ich noch mehr tun? Noch ein Auslandaufenthalt? Eine neue Sprache, ein Praktikum mehr? Für die Generation der Frühgeförderten sind viele Türen verschlossen. Es gelten die eisernen Gesetze der Marktwirtschaft.
Da kann einiges schiefgehen. Aber dann gibt es ja noch die Eltern. Claus Koch spricht diesbezüglich von Bumerangkindern, die ausziehen und wieder einziehen – und wieder ausziehen und vielleicht noch einmal einziehen.
Fünf Grundfähigkeiten fürs Erwachsenwerden
Das Highlight des Buches von Claus Koch ist eindeutig das Kapitel über die fünf Grundfähigkeiten, die es braucht für ein gelingendes Erwachsenwerden:
- Die innere Überzeugung, wertvoll zu sein – was so viel heisst wie Selbstwertgefühl.
- Der Glaube, etwas trotz Hindernissen und Rückschlägen schaffen zu können – was so viel heisst wie Selbstwirksamkeit.
- Die Fähigkeit, mit anderen über sich und das, was einem wichtig ist, ins Gespräch zu kommen – was so viel heisst wie Kommunikationsfähigkeit.
- Die Fähigkeit, sich selbst zu kontrollieren – was so viel heisst wie Selbstdisziplin.
- Die Möglichkeit, seinem Leben langfristig ein sinnvolles Ziel zu geben – was so viel heisst wie Sinnfindung.
Und das ist noch nicht ganz alles. Aber es genügt um zu begreifen, wie anspruchsvoll es ist, erwachsen zu werden.