1. Populisten sehen schwarz, immer
Im Weltbild von Populisten aller Länder wird alles immer schlimmer. Die USA stehen, glaubt man den Aussagen von Donald Trump, kurz vor dem Untergang. Er trifft damit das Weltbild seiner Wähler: Rund 70 Prozent glauben, dass das Leben für die nächste Generation «schlechter» sein wird. Auch Victor Orban, ungarisches Staatsoberhaupt, sieht sein Land am Rande des Abgrunds (wegen der Europäischen Union), und sagt das seinem Volk auch immer wieder; während in Frankreich Marine Le Pen ihr Land allseits von dunklen Mächten bedroht sieht: von Europa, vom Terror, von Migranten, von heiratswilligen Schwulen und Lesben – no future.
2. Populisten lieben das Volk
Sie lieben das Volk, aber nicht alle in diesem Volk und auch nicht immer. Donald Trump verhöhnt einen grossen Teil der Amerikaner (Latinos, Schwarze), spottet über tote Soldaten, macht sich lustig über weinende Kinder im Publikum. Das «amerikanische Volk» ist für ihn die Masse, die er vor sich sieht, die ihm Fähnchen schwingend zujubelt: weiss, mittelständisch, anständig, bewaffnet. Auch Christoph Blocher liebt das «Volk» (heisst Gesamtbevölkerung minus Migranten), aber nur dann, wenn es auf seiner Seite steht im Kampf gegen die «Classe Politique». Denn so tickt der Populist – die Liebe gilt einer bestimmten Vorstellung von «Volk».
3. Populisten sind die wahren Postmodernen
Silvio Berlusconi, der italienische Medienzar, der Politik mit einer Talkshow verwechselte, hat sie vorgemacht: die Kunst des mal so, mal so, und dass der Augenblick zählt, «the medium is the message», nicht die Wahrheit. Denn die Wahrheit ist flüchtig im schnellen Medientakt und ohnehin nur grad mal so ein Annäherungswert, alles kann je nach Betrachtungsweise auch anders gesehen werden. Diese Lektion der Postmoderne haben Vladimir Putin und seine Entourage am allerbesten gelernt: dass es nicht auf die Wahrheit ankommt, sondern darauf, welcher «Diskurs» oben aufschwingt. Und trifft sich dieser «Diskurs» mit den Ängsten des Volks (Russland ist bedroht), ist auch egal, wenn gelogen wird – Hauptsache, es wird geglaubt.
4. Populisten sind nicht an ihrer Frisur erkennbar
Es wird viel gespottet über die Frisur von Donald Trump. Auch Geert Wilders, der niederländische Rechtsaussen, der hauptberuflich gegen das Establishment poltert und gegen Migranten, trägt eine bemerkenswerte Welle auf dem Haupt. Hingegen trug Hugo Chávez, der populistische Caudillo Venezuelas, dichtes Kraushaar, schwarz wie dasjenige von Rodrigo Duterte, der die Philippinen mit Todesschwadronen regiert (nur ist Dutertes Haar gestreckt). Manche, wie Christoph Blocher oder Jean-Marie Le Pen, kämpfen mit Tricks gegen die sich ausbreitende Glatze. Frisuren sind also kein Erkennungszeichen.
5. Populisten lachen viel, und laut
Populisten sind erfolgreich, weil sie etwas haben, was traditionellen Politikern fehlt – sie lachen, und zwar laut. Jörg Haider hatte es, Silvio Berlusconi und vor allem Donald Trump – dieses breite, herzliche Lachen. Das macht sie sympathisch, das viele Lachen, aber es zeigt auch an, dass sie möglicherweise etwas verlachen. Dass sie die Politik verlachen, die Gegner verlachen, die Institutionen verlachen. Denn sie gehören nicht dazu, sie stehen über allem, über der «Classe Politique», über dem Gefüge der Institutionen, über der Politik.
Hören Sie Reportagen und Analysen zu Populismus auf den Philippinen, in Argentinien, Paraguay und Venezuela in der Sendung Kontext. Am 26.09.2016 um 9:02 Uhr auf Radio SRF 2 Kultur.