Was ist Krebs? - «Eine Entartung körpereigener Zellen», sagen westliche Mediziner. «Ein Ungleichgewicht des ganzen Systems, des Menschen mit sich selbst, mit seinem Umfeld, mit der Natur und mit dem Schöpfer», sagen die Mayas.
So unterschiedlich wie die Definitionen der Krankheit sind, so verschieden auch die Therapie-Ansätze: Während die hiesige Schulmedizin auf Strahlentherapie und Medikamentierung setzt, hat die Krebs-Behandlung bei den Mayas immer auch eine spirituelle Dimension. Ihr Ziel ist es, das innere Gleichgewicht im Menschen wiederherzustellen.
Zusammenarbeit von Onkologen und Ethnologen
Forscher der ETH Zürich wollen nun von der uralten, hoch wissenschaftlichen Kultur der guatemaltekischen Urbevölkerung und ihrem Umgang mit Krebs lernen. Dazu haben sie die Forschungsgruppe MACOCC gegründet (eine Abkürzung für «Maya and contemporary scientific conceptions of cancer»): Schweizer Onkologen und Physiker arbeiten hier mit Forschern des «Guatemala Maya Council of Elders» zusammen und versuchen die unterschiedlichen Therapie-Ansätze zusammen zu bringen.
«Wir konzentrieren uns hier so sehr auf das Technische», erklärt Christoph Renner, einer der onkologischen Projektleiter. «Wir geben Chemotherapie, wir machen alle drei Monate ein Bild, und hoffen, dass die Therapie anschlägt.» Überspitzt gesagt: Es geht weiterhin darum, Tumorzellen zu vergiften, zu verstrahlen, herauszuschneiden. Und mit diesem technischen Ansatz stosse man an Grenzen, wie der Onkologe hinzufügt.
Umfeld in die Therapie einbeziehen
Um Grenzen zu überwinden reiste Christoph Renner mit anderen Forschern des Projekts MACOCC in den letzten drei Jahren zu unterschiedlichen Maya-Stämmen in Guatemala. Sie führten Interviews, studierten Pflanzentherapie und nahmen an spirituellen Heilungs-Zeremonien teil.
Alles ist eins, das ist der Ansatz der Mayas schlechthin. Und darum spielt bei der Behandlung von Patienten auch seine Geschichte eine wichtige Rolle, sein Lebenswandel, seine familiären und gesellschaftlichen Beziehungen, seine Beziehung zu Gott – und ganz besonders: die Beziehung zwischen Mediziner und Patienten.
Und was hat Christoph Renner bei den «Medizin-Männern» gelernt? - «Wir sollten den Menschen und seine Krankheit mehr als eins sehen und das Umfeld stärker einbeziehen.»